Donnerstag, 20. September 2007

Interessantes antizyklisches Anlagegebiet

von Daniel Wilhelmi

Die Märkte bleiben weiter unberechenbar. Ich wünschte, ich könnte Ihnen genau sagen, was jetzt passieren wird. Aber ich kann es nicht. Niemand kann es. Es gibt Leute, die behaupten, dass sie es können. Aber vergleichen Sie mal deren Prognosen der letzten Monate mit den realen Marktentwicklungen. Dann werden Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit erkennen, dass auch diese Hellseher keinen allwissenden Durchblick haben.

Und das ist auch okay. Es gibt immer mal wieder Marktphasen, in denen niemand genau sagen kann, wohin die Reise geht, weil es zu viele unkalkulierbare Faktoren gibt. Da ist es mal das Beste, die Füße stillzuhalten. Dann werden auch wieder Phasen kommen, in denen der Markt leichter zu prognostizieren ist und es wieder viel zu verdienen gibt.

Eine der besten Lektionen, die ich in meinem persönlichen Gespräch mit Börsen-Legende Jim Rogers gelernt habe, war seine Antwort auf meine Frage, was Investoren am Besten machen sollen, um erfolgreich anzulegen. Seine Antwort: „Daniel, die meiste Zeit sollten die Anleger gar nichts machen. Sie sollten sich an den Strand legen und das Leben genießen. Und wenn dann eine gute Investmentgelegenheit vorbeikommt, dann sollen sie zuschlagen.“

Wer Jim Rogers kennt, der weiß: Das ist der wahre Jim – der antizyklische Anleger mit langfristigem Anlagehorizont. Nun, ich teile seine Aussage nicht zu 100%. Aber die Grundidee, auch mal einfach eine zeitlang nichts zu machen, ist einfach richtig – und wird doch von den meisten Anleger kaum eingehalten, weil sie zu gierig sind.

Russland ist derzeit out

Manchmal gibt es der Markt einfach nicht her. Und dann sollte man einfach auch mal Nichts machen. Es ist wie beim Fußball. Manchmal ist es auch okay, einfach ein 0:0 zu halten, anstatt immer nur voll auf Angriff zu spielen. Es gibt Spiele (sprich: Börsenphasen), da läuft es völlig quer. Dann sichert man sich eben einen Punkt und kann man am nächsten Spieltag wieder ansetzen. Denn das nächste Spiel kommt bestimmt.

Genau so ist es auch an der Börse. Also mache ich derzeit das, was ich Ihnen schon im letzten (oder vorletzten) Profit Radar schrieb: Ich fokussiere mich auf meine Watchlist, greife selektiv bei Sondersituationen zu und lasse die Märkte sich austoben. Eine Sondersituation hatte ich Ihnen ja bereits bei den Rohstoff-Explorern und –Produzenten aufgezeigt.

Heute möchte ich Ihnen auch noch einen Emerging Market vorstellen, der völlig „out“ ist. Dabei handelt es sich um den BRIC-Riesen Russland. Obwohl der Ölpreis nach seinem Absturz zum Jahresanfang ein erfolgreiches Jahr hatte und heute schon über 75 US$/Barrel (Sorte: Light Crude) notiert, ist der russische Aktienmarkt die Enttäuschung unter den großen BRIC-Staaten. Während China, Indien und Brasilien von einem Höchststand zum nächsten laufen, hat sich der russische Aktienmarkt in diesem Jahr kaum bewegt.

Die Underperformance hat einen einfachen Grund: In Russland stehen Wahlen bevor. Und die sind in Osteuropa traditionell völlig unprognostizierbar. Das führt dazu, dass die Unsicherheit für Russland-Investments besonders groß ist. Dabei läuft es volkswirtschaftlich im ehemaligen Zarenreich richtig rund. Das russische Wirtschaftsministerium hat bekannt gegeben, dass das russische Bruttoinlandsprodukt im Zeitraum zwischen Januar bis Juli 2007 um 7,9% gegenüber dem Vorjahreszeitraum gewachsen ist.

Das liegt meilenweit über den Erwartungen der Volkswirte, die für Russland in 2007 ein Wirtschaftswachstum um 6,9% erwartet hatten. Kein Wunder: Vor einem Jahr hatte das BIP im gleichen Zeitraum „nur“ um 6,1% zugelegt. Noch ist es nicht soweit, aber Russland wird eine spannende antizyklische Investmentchance werden, wenn sich die politischen Unsicherheiten erst mal geregelt haben.

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