Sonntag, 24. Februar 2008

"Ich bin ein weißer Afrikaner"

"Abschied von Jean Rouch""

© SWR/Mosblech Film Nur ein geübter Seilkletterer schafft die letzte Etappe eines Trauerzuges zum Friedhof von Bandiagara. Denn die Dogon, eines der ältesten Völker Afrikas, bestatten ihre Toten seit jeher in über 70 Metern Höhe. Die Zeremonie dauert drei Tage. Und wenn die Leiche des Verstorbenen nicht verfügbar ist, wird an ihrer Stelle eine Strohpuppe zu Grabe getragen. Dies kann bis zu drei Jahre nach dem Tod geschehen - in der archaischen Welt der Dogon nichts Ungewöhnliches. Ungewöhnlich ist jedoch, dass die Ehre einer symbolischen Bestattung einem Europäer gilt. Denn der Verstorbene muss ein Initiierter sein, einem Männerbund angehört haben, wie der französische Filmemacher Jean Rouch, der Erfinder des so genannten Cinéma Vérité. Er gehörte dem Dogon-Geheimbund der "Diebe und Räuber" an.

Und als Jean Rouch 2004 bei einem Autounfall in Niger 86-jährig ums Leben kam, beschloss der Ältestenrat des Dorfes Tyogou, ihm eine Bestattung auszurichten, wie es sich für einen Initiierten gehört - mit Maskentänzen, Gesängen, großen Mengen von Hirsebier und Scheingefechten der Jäger. Es gingen noch zwei Jahre ins Land, bis die Vorbereitungen abgeschlossen waren. Filmemacher Bernd Mosblech begleitete die Witwe Jocelyne Rouch-Lamothe auf ihrer Reise nach Afrika, um das Trauerritual zu dokumentieren. Jocelyne Rouch hatte ihn darum gebeten.

Die Dokumentation der Totenfeste der Dogon und deren Vorstellungen vom Jenseits waren der Schwerpunkt des Schaffens ihres Mannes gewesen, und das, was ihn am meisten faszinierte.
"Ich weiß, dass es Jean gefallen hätte, dass sein eigenes Ritual ebenfalls gefilmt wird", sagt Jocelyne Rouch. Seit 1946 hatte ihr Mann insgesamt 150 Filme in Afrika gedreht, die meisten bei den Dogon. Dabei war es ihm 1968 gelungen, das nur alle 60 Jahre stattfindende Sigui-Fest zu filmen, ein sieben Jahre währendes Ritual, das Rouch als Ethnofilmer weltberühmt machte. (ARTE, 23:20)

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