Samstag, 8. November 2008

Gespenstisch

von Volkmar Michler

Für 1 Minute herrschte absolute Stille am Ground Zero in Manhattan, einem der Orte der Terroranschläge vor genau 7 Jahren am 11. September 2001. Die Hinterbliebenen der Opfer legten eine Schweigeminute ein.

Jedem von uns wird diesen Tag auf seine Art in Erinnerung bleiben. Vermutlich jeder von Ihnen wird noch genau wissen, was er an diesem Tag gemacht hat und wie er von den schrecklichen Nachrichten aus den USA erfahren hat.

Ich habe vor 2 Tagen einen Spielfilm und eine Dokumentation zum vierten der entführten Flugzeuge gesehen, das wenige Minuten vor Washington abgestürzt ist: Passagiere in der Maschine merken, dass sie es mit Selbstmordattentätern zu tun haben. Sie tun sich zusammen und wagen einen letzten Schritt, sie wehren sich gegen die Terroristen, um in letzter Sekunde noch - im wahrsten Sinne des Wortes - das Steuer herumzureißen. Es hat nicht funktioniert. Das Flugzeug bohrte sich mit rund 1.000 km/h in die Erde.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen gegangen ist, aber auch nach 7 Jahren sind mir diese beiden Filme unter die Haut gegangen. Vor diesen Menschen habe ich den größten Respekt!

750 Milliarden US$ vernichtet

Die Schweigeminute heute um 8.46 Uhr, dem Zeitpunkt des Einschlags des ersten entführten Flugzeugs in New York vor 7 Jahren, ist vorbei. Die Börsen stehen derweil nicht still. Was in den ersten Minuten erleben, ist gespenstisch: Merill Lynch - 15%, Lehman Brothers - 37%, American International -14%. Wir reden hier nicht von unseriösen Zockerfirmen, sondern von den absoluten Wall-Street-Größen.

Gestern hatte ich noch darüber berichtet, dass die Top-Manager der US-Banken seit Monaten bereits wieder im großen Stil Aktien ihrer eigenen Häuser kaufen. Der heutige Tag zeigt erneut, dass diese Bankmanager ein dickes Fell haben müssen. Denn es bleibt die Sorge, dass sich weitere Milliarden-Löcher noch in den Bilanzen versteckt haben und dort als tickende Zeitbombe schlummern.

Problematisch ist, dass auch die durch Verstaatlichung der beiden größten US-Hypothekenfinanzierer das Vertrauen auch nicht ansatzweise wieder zurück gewonnen werden konnte. Der amerikanische Finanzsektor bleibt weiterhin nur etwas für sehr Hartgesottene.

Aber auch Russland hat mit einem immensen Vertrauensverlust zu kämpfen, der an der Börse mittlerweile bedenkliche Ausmaße angenommen hat. Die russische Regierung wird mittlerweile erkennbar nervös. Obwohl Putin-Nachfolger Medwedew um Vertrauen für den massiv gebeutelten Aktienmarkt warb und die Zentralbank knapp 11 Mrd. US$ in das Bankensystem pumpte, sackte die russische Börse weiter ab.

Mittlerweile hat sie von ihrem Höchststand im Mai fast 50% eingebüßt, dabei wurden rund 750 Mrd. US$ an Börsenwert vernichtet. Für Medwedew ist das aber „nicht dramatisch", sagte. „Wenn die richtigen Entscheidungen getroffen werden, wird sich die Situation klären." Ob er damit einen Abzug der russischen Truppen aus Georgien meinte, sagte der russische Präsident nicht. Auffällig ist aber, dass sich der Kreml das erste mal überhaupt direkt an Anleger wendet und um Vertrauen wirbt.

Klar ist: Es gibt eine ganze Reihe russischen Blue Chips, die mittlerweile spottbillig geworden sind. Die werden wir uns für Taipan und für den Emerging Markets Radar genauer anschauen. Denn wenn „sich die Situation klärt", kann der russische Aktienmarkt ebenso schnell wieder nach oben springen.

Gute Kurse

(11.September, 2008)

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