Donnerstag, 12. März 2009

"Albtraum Amoklauf - was macht Jugendliche zu Mördern?"

Maybrit Illner

Polittalk

Entsetzen und Fassungslosigkeit in der baden- württembergischen Kleinstadt Winnenden: Ein 17 Jahre alter Amokläufer hat am Mittwochmorgen mindestens 15 Menschen und anschließend sich selbst getötet. Nachdem der schwer bewaffnete Ex-Schüler in der Schule mindestens neun Schüler und drei Lehrer erschossen hatte, tötete er auf seiner Flucht laut Medienberichten drei weitere Menschen. Im 40 Kilometer entfernten Wendlingen kam er dann bei einer Schießerei mit der Polizei auf dem Gelände eines Supermarktes ums Leben.

(Quelle: tvtv.de, ZDF, 22:30)

Diskussionsrunde:
  • eine Schülerin (18): Schülerrat in Bayern
  • ein Psychologe und Psychotherapeut
  • ein Vorsitzender/Stellvertreter der Polizeigewerkschaft ?
  • ein Richter des Bundesverwaltungsgerichts, dessen beiden Söhne in Erfurt 2002 den Amoklauf überlebt haben
  • Familienministerin Ursula von der Leyen
  • ein Schulleiter aus Berlin-Neukölln
zwischendurch kam auch noch ein Stellvertreter vom Deutschen Sportschützenbund zu Wort

Fazit: ein ruhige und sachliche Diskussionsrunde ... nachdem so gut wie möglich der Amoklauf in Winnenden, andere Amokläufe und das Profil des Täters aufgearbeitet wurden, wurden drei Punkte schwerpunktsmäßig miteinander verbunden:
  • a) die Entwicklung eines Kindes- und Jugendlichen
  • b) die spezielle Lage der Schule als Ort für Millionen von Schülern als Lehrbetrieb und als Ort, wo Lehrer und Schüler sich wohl fühlen sollen
  • c) das Waffengesetz

... gut ist, dass das Wort zuerst an die Schülerin gerichtet worden ist. Sie berichtet von guten und schlechte Entwicklungen: es gibt auf ihrer Schule Schülervertretungen, Lehrer des Vertrauens und sogenannte "Stunden für uns", wo Schüler sich untereinander aussprechen können.

Allerdings ist der Leistungsdruck immer sehr hoch, nicht immer hat ein Lehrer Zeit für die Sorgen und Nöte der Schüler und die Schülerzahlen pro Klasse sind zu groß. Mobbing ist keine Seltenheit, wobei einige Dranglasierte und von der Gemeinschaft Benachteiligte versuchen, Demütigungen und Beleidigungen mit Humor zu nehmen, oder sich zumindestens nichts anmerken zu lassen.

Dann gibt es in Berlin "Schulwachen", die nicht bewaffnet sind, lediglich mit einem Handy. Dieses Projekt wurde ins Leben gerufen, weil in der Vergangenheit unerwünschte Personen in die Schule gekommen sind und sogar Lehrer geschlagen haben.

Amokläufe sind in letzter Zeit auffällig oft in nordischen Ländern aufgetreten, doch kann man daraus keine notwendigen Schlüsse ziehen, selbst daraus nicht, dass viele Amokläufer eher aus Mittelstandsfamilien kamen. Denn Amok kommt aus dem Malayischen, und dort stammen die Täter nicht unbedingt aus Mittelstandsfamilien.

Das deutsche Waffengesetz ist einer der strengsten in der Welt, doch gibt es noch Verbesserungsbedarf.
  • Die Forderung nach zentraler Aufbewahrung der Sportschützenwaffen ist problematisch, denn es soll 7,2 Millionen Schusswaffen in privater Hand geben.
  • die dezentrale Aufbewahrung in Privathäusern ist sicherer, niemand weiß genau, wo sie sich befinden, deshalb ein Dieb auch kaum eine Chance, gezielt Waffen zu entwenden.
  • Dagegen wäre die zentrale Aufbewahrung in den Sportschützenvereinen, die zumeist auch am Rand einer Siedlung, z.B. in Waldnähe sich befinden, nicht sicher genug. Es fehlt das Personal, um diese Anlagen zu bewachen.
  • Demgegenüber stehen nur ca. 350.000 Schusswaffen für die Polizei.
  • die Anzahl der Munition sagt nicht viel aus, ob man ein Waffennarr ist oder nicht. Es versteht sich von selber, dass ein Waffenhändler 1000 Kugeln preiswerter verkauft als 50. Also kauft sich der Sportschütze lieber eine große Packung, um sie auf ein oder zwei Jahre im Schützenverein zu verschießen. Eine Olympiasiegerin hat z.B. 50.000 Schüsse pro Jahr für ihr Training verbraucht.
  • Sportschützen haben strenge Auflagen für den Erwerb eines Waffenscheins und für die Aufbewahrung, allerdings kann man Missbrauch durch Drittte nie ausschließen (s. Kinder und Jugendliche).
  • Es existiert noch kein zentrales bundesweites Waffenregister, aber die Innenminister arbeiten daran ?!
  • 2002 und 2008 wurde das Waffengesetz verschärft
  • im Ausland dürfen schon Kinder schon ab 10 Jahre in Sportschützenvereine mit uftdruckwaffen eintreten, in Deutschland erst ab 12 Jahren

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