Mittwoch, 31. März 2010

Evolutionsschritte

 Das Streiflicht

von  

(SZ)

entnommen aus:

Süddeutsche Zeitung
(66. Jahrgang / 12.Woche / Nr. 72)


27./28. März
(München, Samstag/Sonntag)

Zitat:

Das kann der nicht.
    • Der doch nicht. 
    • Auf keinen Fall. 
    • Wie der schon aussieht ! 
    Allzu leicht lässt sich der Mensch von Äußerlichkeiten blenden. Er traut seinen Mitmenschen nicht zu, dass sie etwas anderes tun könnten als, was sie vor seinen Augen tun.
    • Da, der schmächtige Versicherungsangestellte im grauen Anzug, was soll der neben seinen öden Rechenschaftsberichten schon zustande bringen ? 
    • Oder hier, der rothaarige Stuckatuer mit dem Schnäuzer und der dicken Brille
    ...
    • Nun, der Versicherungsangestellte  hieß Franz Kafka, und in den Nächten zwischen seinen Bürodiensten schrieb er Geschichten über Landärzte und zu Ungeziefern verwandelte Langschläferm die den Leser auch nach 100 Jahren noch erschüttern ;-) 
    • Und der Stuckateur schnallte eines Tages die Sprungskier unter und erschütterte als "Eddie" the Eagle" die Welt des Wintersports und das Zwerchfell seiner Fans. 
    Es gedeiht eben manches Talent im Verborgenen.

    Im Magazin Geo wird von einem Fall berichtet, gegen den ein englischer Stuckateur auf der Olympiaschanze als kleiner Fisch erscheint: Tintenfische können fliegen !
    • Das schreibt sich nur zögerlich hin, weil die sackförmige Gestalt des Weichtiers unsere federleichten Vorstellung vom Fliegen widerspricht.
    • Schon im 19. Jahrhundert soll von Tintenfischflügen berichtet worden sein.
    Dass das Gerücht wissenschaftlich bewiesen wurde, ist auch ein Verdienst von Bob Hulse, der den schönen Beruf des "Forschungsreisenden" ausübt.
    • Im Südatlantik fotografierte er 20 Kalmare bei der gemeinsamen Flugstunde.
    Ihre Technik verbindet die Vorteile von Kampfjet und Segelflugzeug:
    • Sie beschleunigen und heben ab, ndem sie einen Wasserstrahl ausstoßen.
    • Dieser Düsenantrieb funktioniert auch in der Luft, als Tragflächen dienen die Seitenflossen und dünne Häutchen zwischen den Fangarmen, ähnlich wie bei Flughörnchen.
    • Nach Meinung führender Tintenfischforscher sind 50 Meter lange Flüge möglich.

    Bleibt die Frage, wer den Tintenfischen den Wasserfloh in Ohr gesetzt hat, dass sie zu Höherem berufen seien.
    • Vielleicht begann es mit einem Jungkalmaren namens Eddie, der sich mit dem begrenzten Horizont seiner Spezies nicht abfinden wollte.
    Für die anderen war an der Wasseroberfläche Schluss, Eddie aber trainierte in den dunklene Tiefen des Südatlantiks seinen Düsenantrieb und stählte die Tentakel.
    • Als er sich stark genug fühlte, sauste er in Richtung Oberfläche, die er mit einem Platscher durchstieß.
    • Dann klappte er die Tragflächen aus, checkte das Düsentriebwerk und genoss seine Freiheit.
    Die anderen Tintenfische wunderten sich anfangs über seine mickrigen Hüpfer - dann machten sie es ihm nach.
    • Bald segelten sie alle durch die Luft. 
    • Sie fanden zu Adlern verwandelt, weil Eddie den Mut gehabt hatte, sein Talent nicht länger zu verbergen.

    ***

    Diving in Thailand


    ***

    Eddie gewidmet ;-)

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