Dienstag, 24. August 2010

Das war echt ein kurzer Schreck für alle Beteiligte und für den 10-Wochen alten Labrador-Welpen sicherlich auch mit Schmerzen verbunden.

Der Vermieter und die Freundin vom WG-Nachbarn sagen noch, dass unten in der Parterrre das neue Revier vom Schäferhund "Floh" ist, und oben der 1. Stock das zukünftige Revier vom neuen WG-Nachbarn, dem rabenschwarzen Labrador. Ich schaue also im Innenhof um die Ecke, ob "Floh" draußen ist, sehe aber keinen Schäferhund.

Dann kommt der Kleine nach unten gedackelt, und wie von einer Tarantel gestochen kommt der Schäferhund aus dem Schuppen geschossen und stürtzt sich auf den Kleinen. Weil ich am nächsten zu den beiden Hunden bin, versuche ich den Großen vom Kleinen loszureißen, was mir auch anfänglich gelingt. In diesem sehr kurzen Augenblick dachte ich, alles sei in Ordnung, aber innerhalb einer Sekunde knöpft sich der Schäferhund den Welpen wieder vor, diesmal hat er ihn gefährlich am Hals geschnappt.

Der Kleine fiept natürlich wie verrückt und laut, die anderen kommen mir zu Hilfe, so dass "Floh" von ihm ablässt. Im ersten Moment dachte ich, jetzt ist alles aus, der Kleine ist tot, zumindestens schwer verletzt. Nach einer behutsamen Untersuchung stellen die beiden Frauen und Besitzerinnen der Hunde fest, dass er zum Glück nur leicht blutet und nach 5 Minuten Streicheleinheiten wieder auf den Beinen ist.

Der Vermieter meint, der Schäferhund will auf jeden Fall sein Revier verteidigen + die Verlustängste des Hundes steigern zusätzlich sein Geltungsbedürfnis. Da auch das Wort "Welpenschutz" gefallen ist, wird sofort berichtigt => das ist ein Märchen, dass auch für Hunde, die ihr Revier verteidigen wollen, "Welpenschutz" gilt. Mag das für den Menschen gelten, so der Vermieter, die aus ethischen Gründen Kleine beschützen, so wirkt das "Kindchenschema" für ihr Revier verteigende Hunde überhaupt nicht.

Letztlichendlich glaube ich, was WG-Nachbar sagt, der alles von seinem Zimmer aus mitbekommen hat, dass wenn "Floh" gewollt hätte, er richtig zugebissen hat, und der Kleine jetzt tot wäre.

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Morgen noch früher raus aus den Federn, Vorbeiter M. möchte, dass wir um 6 Uhr anfangen, da unser Projekt in Verzug ist. So gesehen kein Problem, aber wir haben eine weite Anfahrt + "Elektromeister" hat mir aus gesundheits-politischen Gründen den Schlüssel vom Wagen gegeben. Jetzt darf ich die anderen abholen und selber fahren, somit entfällt ein gemütliches Dösen und Schlummern auf den Hintersitzen. Früher wäre ich sicherlich vor Freude in die Luft gesprungen: ein eigener Wagen für mich + die anderen sind auf mich angewiesen => hipp hipp hurra. Heute sieht das ein wenig anders aus: wenn's sein muss, fahre sie gerne alle, aber ich habe auch nichts dagegen, wenn andere diese Verantwortung übernehmen.

Seit einer Woche haben wir auch einen neuen Mitfahrer, der auch sehr lange im Schiffsbau tätig ist, wohl über Umwege. Hat früher Deutsch und Geschichte studiert und mit Magister abgeschlossen (?), steht wie "Captain" kurz vor der Rente und wirkt auf mich wie ein gebildeter Soziologe, der sich in der Baustelle vertan hat. Ist sehr früh der Gewerkschaft beigetreten, wo er nach wie vor deren Mitglied ist.

Von ihm bekomme ich sehr dezidiert die Gründe für den rasanten Anstieg des Zeitarbeits-Sklaventums dargestellt. Seiner Meinung nach konnte man die Anfänge für diese Fehlentwicklung schon in den 70er Jahren sehen, wo es zu den ersten großen Massenentlassung kam. Kohl und die CDU haben in den 80er im Grunde genommen nur noch ihr Übriges dazu beigetragen, und die SPD hat zu wenig getan, um der endgültigen Fehlentwicklung in den 90er Einhalt zu gebieten.

Auch bringt er Licht in die Mentalität so mancher Vorarbeiter. Es gibt welche, die gehen ab und zu oder auch regelmäßig zu ihren Arbeitern und erkundigen sich über die Situation. Sie lassen einen in Ruhe arbeiten, geben hier und da Anweisungen, Korrekturhinweise und Verbesserungsvorschläge. Im Großen und ganzen sind sie sehr souverän und behalten immer den Überblick + kühlen Kopf trotz angestrengter Situtionen.

Dann gibt es andere Vorarbeiter, die sind zwar kompetent und selber handwerklich gut drauf, aber sie fühlen sich manchmal überfordert oder unsicher, was sie nicht zugeben wollen. Diese eigene Unsicherheit übertragen sie auf ihre Mitarbeiter, schließen von sich auf andere, und meinen, die anderen würden nur Fehler und Mist machen ! Sie kleben förmlich an dir, und lassen einen nicht in Ruhe arbeiten !

Dann gibt es einige, die legen sich, wie mein Vorarbeiter M. ein Schema vor, das sie immer wieder anwenden, fast schon unbewusst wie in meinem Beispiel: "Ich sehe dich ja schon wieder sitzen ... immer wenn ich komme, tust du nichts ... ist das ein Zufall ?" Dem muss man dadurch begegnen, dass man sich in seiner Arbeitsweise nicht beirren lässt, sich mit seinen Kollegen untereinander berät und vor allen Dingen geschlossen auftritt !

Weiterhin gibt es eine besondere Sorte von Vorarbeitern, deren "höhere" Position etwas zu Kopf gestiegen ist. Noch relativ jung, haben sie trotzdem schon die Möglichkeit, aus dem Heer der Zeitarbeitsfirmen, Menschen jeden Alters zu holen und wieder zu entlassen. Das macht viele von ihnen etwas anfällig für Hochnäsigkeit, Streben nach Macht und Klein-Diktator-Allüren.

Wie es schon "Biker" formuliert, die Zeitarbeit war mal gedacht, um Arbeitsspitzen abzufangen, Löcher zu decken/kompensieren und Zuarbeit zu fördern. Die Politik und Wirtschaft hat es geschafft, daraus einen Sklavenmarkt zu entwickeln, der denjenigen hilft, die sich beliebig aus diesem Pool bedienen können. Unter diesen Vorraussetzungen gebe ich der ehemaligen Leiterin der Sozialstation vom DRK und dem Leit.Ing. vom TVT leider recht => "Jeder Mensch (in der Arbeitswelt) ist ersetzbar !"

Was aber besonders unsere Fahrgemeinschaft + den anderen aus unserer Truppe wundert und irritiert, die zum größten Teil aus Elektrikern, Elektronikern, Anlagebauern, Schlossern und Mechanikern besteht: Es wird in Deutschland andauernd über Fachkräftemangel gesprochen, sind meine Kollegen und ich keine Fachkräfte trotz Gesellen-, Techniker- und Meisterbrief und trotz so macher Weiterbildung und/oder Arbeitserfahrung in anderen bzw. in den gleichen Arbeitsbereichen ?

An dem "68er" habe ich es gesehen und allmählich begriffen: der Fachkräftemangel muss ein jahrzehntelanges politisch und von Firmen hausgemachtes Problem sein. Nicht umsonst sagt "68er": "Es ist nicht leicht, aus der Zeitarbeitsgeschichte herauszukommen, selbst wenn du gut und fit bist !"

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