Dienstag, 25. September 2007

Aktien kaufen und Kinder hungern lassen?

von Volkmar Michler

Übers Wochenende hat die Taipan-Redaktion eine Mail erhalten, die ich Ihnen heute im Originalton wiedergeben möchte, ohne sie zunächst zu kommentieren. Lesen Sie sich die Mail durch, vielleicht auch 2-mal und bilden sich dann dazu Ihre Meinung

Sehr geehrte Damen und Herren,

derzeit teste ich Ihre Aktienzeitschrift für drei Monate.

Sie haben mir Unterlagen zugeschickt und auf eine Aktie im Uranbereich hingewiesen, die ich nicht eindeutig zuordnen kann.

Es handelt sich um einen neuen Uranproduzenten, der an der Börse mit moderaten 5,6 Millionen Euro bewertet ist. Ist dies ein kanadisches oder australisches Unternehmen, das auch in Südafrika im Nebenerwerb in der Goldexploration oder Goldförderung tätig ist?

Zu den folgenden Aktien hätte ich auch noch ihre Meinung:

1) Clear Media Werbung in China (982590)

2) Dynasty Gold 50 % Absturz (550895)

3) Fortuna Silver A0ETVA

4) Petro Hunter A0KE9M 80 % gefallen

5) Primelineenergy A0JC6T

6) Fusa Capital A0F5X0 72 % gestürzt

7) Eganagold 887923 Chaos

8) Dhanoa Minerals A0LB3X

9) Arafura Res. 787896

10) Harmony Gold 851267

Stellen Sie sich vor, ich bin bei den o. g. Aktien immer mit rund 2.500,00 € eingestiegen.

Diese Small Caps stehen derzeit alle schlecht da. Soll ich von diesen Teile halten kaufen oder verkaufen und in den Uranbereich investieren?

Ich weiß, dass ihre MEINUNG NICHT ALS Aktienempfehlung gilt, aber ich sollte etwas Hilfe brauchen, um wieder aus dem Keller raus zu kommen.

Denn wir benötigen das Geld zur Ernährung unserer drei Kinder.

Schon jetzt vielen Dank für ihre Nachrichten.

Vielen Dank
A. und K. S. mit T. (13) M.(11) und L. (6 Jahre)

80% Explorer-Werte

Nun, als ich die Mail heute morgen zum ersten Mal gelesen habe, war ich entsetzt. Ich gebe zu, ich bin es immer noch. Wir haben dieses Mail heute kurz in der Redaktionskonferenz angesprochen. Die einhellige Reaktion ist: Wer als Familienvater so unverantwortlich ist, dass er die Ernährung seiner Kinder von Aktienverkäufen abhängig macht, der sollte eigentliche keine Kinder haben. Doch diese Frage stellt sich jetzt nicht mehr für Herrn S und auch nicht für seine Kinder.

Ein Kommentar aus der Redaktion war: Für alles Mögliche wird in Deutschland eine Prüfung verlangt – vom Führerschein bis zum Meister. Doch ob man ein verantwortlicher Familienvater ist, wird nicht geprüft. Aktien kaufen und Kinder hungern lassen? Unglaublich.

Anmaßend ist auch, uns als Börsenredaktion auf diese Weise unter Druck zu setzen, als ob von unserer Einschätzung das Wohl seiner Kinder abhängt. Unabhängig davon, dass von den genannten Aktien nicht eine einzige in Taipan empfohlen wurde und wir – dass wissen Sie – auch keine individuelle Beratung leisten dürfen, ist dieses moralische Argument eine Zumutung.

Hinzu kommt, dass hier die Gier offensichtlich den Verstand völlig ausgesetzt hat. Mir ist völlig schleierhaft, wie man sein Depot zu 80% auf hochspekulativen Explorerwerten aufbauen kann. Von der Verlustbegrenzung durch Stop Loss einmal ganz abgesehen.

Wir haben in der Redaktion auch diskutiert, ob man ein solches Mail überhaupt veröffentlichen soll. Wir haben uns dazu entschieden, dies in anonymer Form zu tun – verbunden mit dem dringenden Hinweis: Kaufen Sie wirklich nur Aktien von dem Geld, auf das Sie zur Not auch verzichten können. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Und noch ein Hinweis: Auch wenn die Gewinnprognosen noch so verlockend klingen, immer gilt der unumstößliche Grundsatz: Je höher die Rendite, je höher das Risiko. Das hat auch vor wenigen Tagen die Deutsche Bank zugeben müssen, die durch Immobilienkrise eine Schieflage von knapp 30 Mrd. US$ haben. In der Unterschied ist nur: Bei der Deutschen Bank muss deshalb keiner hungern.

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