Sonntag, 21. Dezember 2008

TB ist ein sehr geduldiger und toleranter Mensch: komme zu spät zum 12h Termin + dem neu anberaumten Treffpunkt um 13h - an der Biblio angekommen, habe ich ihn draußen mit seiner Mütze fast nicht wiedererkannt, er ist schon im Begriff wieder nach Hause fahren ... und welch eine Weihnachtsbescherung: er hat die Übung auch ohne mich fertiggestellt und gibt mir eine Kopie davon - was soll ich sagen, diesmal hat einer Kohlen auf mein Haupt gesammelt und nicht, wie ich immer denke, umgekehrt.

Wir schlendern also noch ein wenig über den völlig überfüllten Weihnachtsmarkt (Rathausplatz + Katschhof), gehen in den Dom (ein Ordner macht uns darauf, aufmerksam, die Mützen auszuziehen) und reden wirklich über Gott und die Kirche. Ich bin sehr erstaunt über das gute Allgemeinwissen meines Lernpartners über kirchliche Strukturen, obwohl er seit der Kommunion (mit 9 Jahren), selten zur Kirche geht, sein Vater so gut wir gar nicht.
  • einer seiner Leitsprüche aus dem Religionsunterricht: Wer mit Gott im Frieden ist, ist mit der Welt im Unfrieden und vice versa!
Besonders sein Standpunkt über Schwangerschaftsabbruch und Schwangerschaftsberatung ist sehr interessant. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, so vertritt er folgende Meinungen
  • der Papst ist Mittler zu Gott und stellt sich auf die niedrigste Stufe aller Gläubigen
  • der Papst muss seinem Anspruch auch selber gerecht werden, und kann gewisse Dinge nicht dulden, die da wären: Schwangerschaftsabbruch und Verhütung. Im Rahmen einer ehelichen Beziehung, die die Kirche absegnet, ist Schwangerschaftsabbruch überhaupt nicht notwendig. Wer aber schon Kinder vor der Eheschließung bekommt oder außerhalb einer kirchlich abgesegneten Gemeinschaft, ist kein schlechterer Mensch, stellt sich aber außerhalb des Verständnisses einer katholischen Kirche über Ehe und Kinder.
  • Genau so verhält es sich mit der Schwangerschaftsberatung: im Dachverband der katholischen Kirche ist diese Form von Beratung im Grunde genommen gar nicht notwendig, denn innerhalb einer gültigen Ehe ist die Frage nach gezieltem Abort nicht relevant, wer es trotzdem macht, stellt sich außerhalb dieser Normen, und darf auch nicht unbedingt mit dem Verständnis der katholischen Kiche rechnen.
  • der in sich geschlossenen Argumentation konnte ich sehr gut folgen und kann nun auch den (teilweisen?) Rückzug der katholischen Kirche aus der Schwangerschaftsberatung in Deutschland besser nachvollziehen.
  • meine abschließende Meinung: obwohl es auch staatliche Schwangerschaftsberatungen gibt, so ist der Aufruf aus dem Vatikan an seine katholischen Glaubensbrüder und -schwestern in Deutschland sich aus der Schwangerschaftsberatung auszutreten, nicht Folge zu leisten => Menschlichkeit, humane Werte und Aufklärung erheben sich über Politik, Religion und andere Moralinstitutionen. Sie bestimmen immer mehr das Geschick der Menschen in einer Weltüberbevölkerung.
... was mir dann bei ihm und auch anderen katholischen und orthodoxen Zeitgenossen schon so oft aufgefallen ist: obwohl viele im Erwachsenenalter immer weniger Gottesdienste besuchen, legen sie folgendes Ritual nie so ganz ab => sobald sie eine Kirche betreten oder verlassen, tauchen sie ihren Finger in das Weihwasser, knien oder bekreuzigen sich.

Als gelernter Protestant bin ich dann ganz still, habe aber für mich persönlich beschlossen: vor keiner Gottheit werde ich wie Katholiken mich bekreuzigen und knien oder wie Moslems und Juden mehr oder weniger verneigen oder irgendwelche anderen äußerlichen Handlungen vollführen - es sei denn, ich bin in meinem stillen Kämmerlein, oder eine Tsunamiwelle, ein Vulkanausbruch, ein Erdbeben oder ein Wirbelsturm schicken mich von einem Moment auf den anderen in die ewigen Jagdgründe.

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