Wir schlendern also noch ein wenig über den völlig überfüllten Weihnachtsmarkt (Rathausplatz + Katschhof), gehen in den Dom (ein Ordner macht uns darauf, aufmerksam, die Mützen auszuziehen) und reden wirklich über Gott und die Kirche. Ich bin sehr erstaunt über das gute Allgemeinwissen meines Lernpartners über kirchliche Strukturen, obwohl er seit der Kommunion (mit 9 Jahren), selten zur Kirche geht, sein Vater so gut wir gar nicht.
- einer seiner Leitsprüche aus dem Religionsunterricht: Wer mit Gott im Frieden ist, ist mit der Welt im Unfrieden und vice versa!
- der Papst ist Mittler zu Gott und stellt sich auf die niedrigste Stufe aller Gläubigen
- der Papst muss seinem Anspruch auch selber gerecht werden, und kann gewisse Dinge nicht dulden, die da wären: Schwangerschaftsabbruch und Verhütung. Im Rahmen einer ehelichen Beziehung, die die Kirche absegnet, ist Schwangerschaftsabbruch überhaupt nicht notwendig. Wer aber schon Kinder vor der Eheschließung bekommt oder außerhalb einer kirchlich abgesegneten Gemeinschaft, ist kein schlechterer Mensch, stellt sich aber außerhalb des Verständnisses einer katholischen Kirche über Ehe und Kinder.
- Genau so verhält es sich mit der Schwangerschaftsberatung: im Dachverband der katholischen Kirche ist diese Form von Beratung im Grunde genommen gar nicht notwendig, denn innerhalb einer gültigen Ehe ist die Frage nach gezieltem Abort nicht relevant, wer es trotzdem macht, stellt sich außerhalb dieser Normen, und darf auch nicht unbedingt mit dem Verständnis der katholischen Kiche rechnen.
- der in sich geschlossenen Argumentation konnte ich sehr gut folgen und kann nun auch den (teilweisen?) Rückzug der katholischen Kirche aus der Schwangerschaftsberatung in Deutschland besser nachvollziehen.
- meine abschließende Meinung: obwohl es auch staatliche Schwangerschaftsberatungen gibt, so ist der Aufruf aus dem Vatikan an seine katholischen Glaubensbrüder und -schwestern in Deutschland sich aus der Schwangerschaftsberatung auszutreten, nicht Folge zu leisten => Menschlichkeit, humane Werte und Aufklärung erheben sich über Politik, Religion und andere Moralinstitutionen. Sie bestimmen immer mehr das Geschick der Menschen in einer Weltüberbevölkerung.
Als gelernter Protestant bin ich dann ganz still, habe aber für mich persönlich beschlossen: vor keiner Gottheit werde ich wie Katholiken mich bekreuzigen und knien oder wie Moslems und Juden mehr oder weniger verneigen oder irgendwelche anderen äußerlichen Handlungen vollführen - es sei denn, ich bin in meinem stillen Kämmerlein, oder eine Tsunamiwelle, ein Vulkanausbruch, ein Erdbeben oder ein Wirbelsturm schicken mich von einem Moment auf den anderen in die ewigen Jagdgründe.
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