Freitag, 9. Oktober 2015

" Was sind die Industrieländer ohne ihre Rohstofflieferanten ? "

entnommen aus

Lesebuch Dritte Welt Band 2

Peter Hemmerle Verlag

Wuppertal, 1984

* * * *

Afrika


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Piano und Trommel

Afrikanische Tradition

Amos Tutulola: Bei der treuen Mutter

John Pepper Clark: Agbor Tänzerin

Amadou Kone: Der Kampf der Zauberer

Kwesi Brew: Ahnengesichter

Arlindo Barbeitos: Nachtblume; Der Verrückte; Töten; Norden; Heimweh

Gabriel Okara: Piano und Trommeln

IOswald Mbuyiseni Mtshali: Shakas Geburt

Maskerade

Koloniale Abhängigkeit und Befreiung

Olaudah Equiano: Das Sklavenschiff

Jomo Kenyatta: Der Mann und der Elefant

Waruhio Itote: "Loyalisten" gegen "Mau Mau"

Ferdinand Oyono: Madame auf dem Markt

Gerald Felix Tchicaya U Tams'si: Der Verächter

Mongo Beti: Hochwürdiger Pater

Chenjerai Hove: Ein Maskenzug

Jose Luandino Vieira: Im Gefängnis

Baumeister der Nation

Politik und Gesellschaft nach der Unabhängigkeit

Christopher Okigbo: Hurra dem Donner

Henry Barlow: Der Aufbau der Nation

Chinua Achebe: Der Wähler

Sembene Ousmane: Eine ehrenwerte Gesellschaft

Wole Soyinka: Ich salbe mein Leib

Ngugi Wa Tiong'o: Ja oder Nein

Die Auserwählten

Frauen in Afrika

Buchi Emecheta: Eine schwarze Schriftstellerin

Henry Lopes: Afrikas Frauen leben gebückt

Ahmadou Kourouma: Salimata

Bessie Head: Die Auserwählte

Aminata Sow Fall: Wer seine Frau liebt, macht ihr Geschenke

Mariama Ba: Ein so langer Brief

Kreuz des Südens

Südafrika

Dennis Brutus: Kälte

Arthur Nortje: Gedicht - Südafrikanisch

Mongane Wally Serote: Blut für jedes Neugeborene

Stimmen aus Gold

Literatur und Kultur in Afrika

Jean-Marie Adiaffi: Das Gold

Francis Bebeye: King Albert

Ngugi Wa Thiong'o: Literatur im Unterricht

Süd-Ost-Asien

asia-atlas.com

Statt eines Vorworts

Mochtar Lubis: Themen für die Schriftsteller Asiens

Indonesien

Mochtar Lubis: Das kurze, glückliche Leben des Conat

Sitor Situmorang: Mutter geht in den Himmel

W.S. Rendra: Der Gefangene

Iwan Simatupang: Dürre

Pramoedya Ananta Toer: Brief an einen Freund vom Land

Malaysia

Kassim Ahmad: Eine gewöhnliche Geschichte

Cecil Rajendra: Canto des Fortschritts

Keris Mas: Hartnäckig

Muhammad Haji Salleh: Eiskrem-Boys

Shanon Ahmad: Mein Besucher aus Kualumpur

Phillipinen

Sionil F. Jose: Ein Held

Nick Joaquin: Das Kleine als Erbschaft

Rene Estrella Amper: Brief an Pedro, US-Bürger

Gregorio C. Brillantes: Geschmack am guten Whiskey der Bourgeoisie

Joaquin R. Roces: In Samar

N. V. M. Gonzales: Die Kinder des aschebedeckten Lehmbodens

Thailand

Pensiri Kiengsiri: Puyai Uam fuhr nach Bangkog

Riem Eng: Das Hinterbein des Elefanten

Pira Sudham: Lied eines Flüchtlings

Sachaporn Singhapalin: Der Eindringling


Latein-Amerika


Luis Britto Garcia: Entdeckung Westindiens

Guillermo Cabrera Infante: Ein Kupferstich aus dem 16. Jahrhundert

Eduardo Galeano: Potosi 1600 - Das achte Weltwunder

Manuel Scorza: Von den verschiedenen Gesichts- und Körperfarben

Pablo Neruda: Der Indio

Eduardo Galeano: Freiheit in Palmares

Pablo Neruda: Mit den Negern tanzen

Nicolas Guillen: Probleme der Unterentwicklung

Luis Britto Garcia: Entwicklungshilfe

Julio Cortazar: Das Elfenbein aus dem Turm

Roque Dalton: Biblische Geschäfte

Lizandro Chavez Alfaro: Der Schneider von Alabama

Sergio Ramirez: Über die gesetzlichen Mittel ein Geständnis zu erwirken

Ignacio de Loyola Brandao: Aussage von Carlos Lopes

Arturo Alape: Gestern war es noch ganz friedlich

Mario Cajina-Vega: Plakat

Gonzalo Rojas: Che Guevara

Norberto Fuentes: Besuch

Maria Gutierrez: Kind der Revolution

Rigoberta Menchu: Mit acht Jahren begann ich zu arbeiten

Nicanor Parra: Gute Frau

Ishmith Khan: Der rote Ball

Luis Fayad: Schulgeld

Pedro Orgambide: Das jüngste Gericht

Plinio Apuleyo Mendoza: Abschied von Neruda

Juan Gelman: Am 26. August 1976 wurden ...

Gonzalo Rojas: Wohnsitz an der Ostsee

Leonel Rugama: Die Häuser waren voller Rauch

Ernesto Cardenal: Die Papageien; So groß war die Freude (aus den den Dichterwerkstätten Nicaraguas)

Luis Santiago Palacios Gomez: Granatwerfer

Robert O. Moore: An das Schatzamt von Nicaragua

Manlio Argueta: Die von der Sondereinheit

Roque Dalton: Liebesgedicht

Leonel Rugama: Die Erde ist ein Satellit des Mondes

Cesar Vallejo: Die neun Ungeheuer

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Brief an einen Freund vom Lande


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Inhalt

(gekürzt)

Jetzt ist er an der Reihe: Jetzt will er nach Jakarta. Wer könnte es Dir übel nehmen, dass Du ein Bürger Jakartas werden willst ? Wieder einer mehr. Früher oder später will das jeder. Ihr Leute vom Land haltet viel zu viel von Jakarta. Ihr denkt, dass es alle Herrlichkeiten besitzt, die Eurer eigenen Gegend fehlen. Ihr verliebt Euch in diese Stadt. Ihr schmückt Euren Traum aus wie eine Stickerei - Stich um Stich.


Mein Freund, ich will Dir ein bisschen was über unser Jakarta erzählen.

Damals, als ich nach Jakarta kam, wimmelte es um den Gambir-Bahnhof nur so von Pferdewagen. Heute, siebzehn Jahre später, sind die Wagen verschwunden, und die Pferde sind an den Stadtrand vertrieben worden. Jetzt haben wir Trishaws; Kutscher und Pferd sind eins geworden. So spart man die Kosten für das Heu. In Jakarta sind Männer bereit, für Geld Pferde zu sein. (Zugegeben, in Deinem Städtchen wird es diese Fahrzeuge auch geben: in der Provinz wurden schon immer die Verfallserscheinungen der Hauptstadt imitiert.)


Genau wie Du haben sich auch andere ihre Träume zusammengebastelt - Mädchen von dem Feldern und aus den Bergdörfern, Landarbeiter, Bauern, die von ihrem Land nicht mehr leben konnten, Dorfbewohner, die von marodierenden Banden ruiniert wurden, Studenten, die ihre Ausbildung fortsetzen wollen - mit ungebrochenem Glauben an die herrliche Zukunft, die sie erwartet.


Sie kommen. Die Mädchen suchen eine bescheidene Stellung finden eine, geben sie wieder auf, weil das Vergnügen sie mehr reizt, und schließlich sieht man sie jede Nacht vor Bordellen stehen. Die Männer haben größer Probleme, Arbeit zu finden, und werden dann Pferde. In ein paar Monaten sind sie mit Muskeln bepackt. Sie essen grobe Speisen. Auf der Straße sind sie vollkommen frei. Bei Gefahr können sie auf den Bürgersteig springen und die Trishaws sich selbst überlassen - nicht so wie bei den alten Wagen.


Nach ein paar Jahren sind sie Invaliden mit überentwickelten Herzen, und sie werden in ihre Dörfer zurückgeworfen wie Abfall. Ihre Ersparnisse haben sie für das Vergnügen vergeudet, und wenn sie tot sind, dann bleiben sie tot. Es sind mehr Männer auf der Straße gestorben als im Kampf für die Revolution.

Und Du willst nach Jakarta kommen und so leben wie wir !

Männer - auf aggressiver Suche nach Geld. Reiche Männer, die aus der Provinz kommen mit nur einem Gedanken im Kopf: nach Jakarta gehen und Geld ausgeben.Verbrecher, die aus der Provinz kommen und hinter eben diesem Geld her sind. Jakarta ist auf Geld gebaut. Die Holländer errichteten es vor vierhundert Jahren, und es ist immer noch eine Ansammlung von Dörfern ohne spezifisch städtischen Lebensstil. Alles kam entweder aus den Provinzen oder aus dem Ausland: Tänze, Filme, Unterhaltung, Alkohol, verschiedene Religionen.


Ach ja, Du willst hier studieren. Jakarta ist das Zentrum unseres regionalisierten Erziehungssystems, aber ich muss leider sagen, dass Jakarta keine akademische Perspektive für das bieten kann, was Indonesien sein könnte. Der Pseudointellektualismus, der von der japanischen Armee zerschlagen wurde, ist jetzt wieder aufgetaucht. Akademische Titel verrotten am Bürotüren, während vernachlässigte Provinzen auf qualifizierter Führerschaft warten. Es gibt keine Führungskraft. Ausländer aus allen politischen Schattierungen haben von den Reichtümern, die sie wegschleppten, nur Krümel übriggelassen.


In den Provinzen vergöttert Ihr die Führer. Ich bin etwas näher an der Wirklichkeit. Ihr schreit nach einer eigenständigen Wirtschaft. Wir sind ein landwirtschaftlich orientiertes Land, eine von ausländischen Märkten abhängige Kolonie. Landwirtschaftlich orientierte Gegenden waren schon immer Kolonien und sind es auch heute noch:

Die Bauern in diesem Distrikt wurden den indonesischen Königreichen von Majapahit, Srivijaya und Mataram versklavt.

Tagsüber gehörten die Menschen

dem König

und

nachts den Ungeheuern.

Heute, jetzt, da wir unabhängig sind, ist der Markt der König.

Die Ungeheuer sind dieselben geblieben:
  • Piraten, Diebe, Räuber und Mörder.
Königreiche und Leibeigenschaft

Jakarta ist ein Traum, der in den Provinzen erschaffen wurde. Alle wollen hierherkommen. In dieser riesigen Ansammlung von Dörfern gibt es nicht einmal richtige Sprache für vernünftige Verständigung. Kinder werden zu früh erwachsen, Babys, Jugendliche und Erwachsene - alle leben zusammengepfercht in winzigen Zimmern und berühren sich jedesmal, wenn sie sich bewegen. Es gibt hier kein Erwachsenenproblem, das Kinder nicht kennen. Mein Sohn, sechs Jahre alt, fragte mich neulich: "Wenn Gott Menschen macht, warum kann er das nicht so machen, dass die Bettfedern nicht so laut quitschen ?" Als ich ihn fragte, was Gott für ein Farbe hätte, sagte er "weiß" - die einzige Farbe, die man nicht interpretieren muss, die nicht von Anmaßung geprägt ist. Doch andererseits ist das Leben in Jakarta voller Interpretationen und Anmaßung - auf jede nur vollstellbare Weise. jeder zwingt dem anderen seine Meinung auf, doch niemand fühlt sich verantwortlich. Solltest Du die Geschichte der Gedankenfreiheit studiert haben, tust Du mir leid.


Aber man muss sich ja nicht mit anderen abgeben. Es gibt keine Gemeinschaft. Ich bin ein Schriftsteller, und ein Schriftsteller in der Hautpstadt ist wie ein Wasserbüffel in der Wüste. Das Fehlen von Gemeinschaftssinn gefällt vielen, vor allem jenen staatlichen Kaufleuten, die mit dem Handel treiben, was uns allen gehört.


Das sind die dunkleren Seiten der Hauptstadt. Wo die glänzenderen sind, weiß ich nicht, obwohl ich auf irgendeine göttliche Offenbarung bezüglich ihres Wesens warte. Wenn Du Dir in Deinem Leben Enttäuschungen ersparen möchtest, dann glaube nur 80 Prozent von alledem, was man Dir erzählt. Das gilt auch für das, was ich Dir erzähle.


Ich weiß, Du bist ein Patriot, weil die Hauptstadt Dich noch nicht korrumpiert hat. Das Beste, was Du machen kannst: so viele Menschen wie möglich von Jakarta fernzuhalten. Bleib wo Du bist. Baue Schulen. Jede Schule sollte den Wert sozialer Hingabe, das wissenschaftliche Wesen der Politik, schöpferisches und sorgfältiges Arbeiten lehren. Jeder Student muss der Gesellschaft dienen wollen, indem er den Pseudointellektualismus meidet, der "weiß", aber nicht "tun" kann. Warum Fächer studieren, die für das spätere Leben bedeutungslos sind. ?

Studienanfängerquoten

Ich versichere Dir, dass ich nicht versuche, Dir meinen Willen aufzuzwingen. Ich glaube, ich bin alt genug, um so mit Dir zu reden, und ich habe immer gehofft, dass Dur für den Landesteil, in dem Du lebst, einen bedeutenden Beitrag leisten würdest. Ich bin zufällig auch der Ansicht, dass Du, weil Du aus gutem Hause kommst, die Bauern nicht genügend achtest.


Ich bin der Überzeugung, dass die Revolution, eine neue, zusammengehörige und einheitliche Rasse schaffen muss, die ihre Kraft schöpferisch benutzt und nicht verschwendet, bevor sie die Massen erreicht. Immer habe ich die Notwendigkeit betont, Macht in die Hände verantwortungsvoller Menschen zu legen. Es gibt nur wenige, und ihre Stimmen sind von verschiedenen politischen Erschütterungen übertönt worden, obwohl die Zeit für so etwas weiß Gott noch nicht reif ist.


Wir müssen arbeiten.

Auch wenn ich nicht glaube, dass wir Erfolg haben werden, wo andere gescheitert sind.

Ich könnte noch lange weiterreden über unsere Hauptstadt Jakarta. Aber ich hoffe, Du kommst nicht: es gibt hier schon genug Gescheiterte. Hilf, Deine eigene Provinz zu entwickeln. Es ist mir egal, ob Du ein Föderalist wirst oder nicht. Früher habe ich mir Gedanken darüber gemacht, ob Freiheit oder Einheit wichtiger seien. Heute ist mir das egal. Werde Du nicht auch noch ein Denkmal für das Scheitern der Revolution.

Ich habe alles gesagt, was ich sagen wollte.

Pramoedya Ananta Toer

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(... solche Schriftsteller und ihre Werke haben tausend mal mehr Informationswert als jede Nachrichtensendung oder Regierungserklärung über die Lage der Nationen, über Gewinner und Verlierer, Herrscher und Untertanen und über die extrem divergierenden Lebensqualitäten auf dieser Erde ...)

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