Freitag, 30. August 2013

" Wer seine Baustellen in den Griff bekommt, hat schon viel getan "

Liebes Tagebuch,

habe für meine Verhältnisse und gemessen an meine "Hassliebe" gegenüber Ämtern und Behörden heute einen "Amtsmarathon" hinter mir ;-)

Um 8h fing die Initialzündung im Amt i.d. Nähe des Klinikums bei meinem neuen Sachbearbeiter H.W. an:

Originalwortlaut:

Herr J.S. spricht vor und erklärt nach eingehender Erläuterung der Sach- und Rechtslage und im Bewusstsein einer solchen Erklärung folgendes:

Ich habe 3 Jahre in Ostfriesland gelebt und bin dann im April 2013 nach Aachen zurückgekehrt. Ich bin auf Jobsuche und habe bisher nichts gefunden. Meine Fallmanagerin hat mir geraten, eine sozial-psychische Untersuchung vornehmen zu lassen. Ich wohne mietfrei bei meinem Bruder. Mein Vater und Freunde haben mich mit Essen und Trinken bisher unterstützt, nunmehr haben sie aber angekündigt, die Unterstützung einzustellen. Ich habe noch im Alexianerstübchen öfter gegessen, das ist gegen eine freiwillige Spende. Mein Bruder bezieht Leistung nach dem SGB II. Er kann mich nicht unterstützen. Ich habe schon seit Januar 2013 kein Konto mehr. Ich bin aus finanziellen Gründen nicht dazu in der Lage, meinen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln zu bestreiten und beantrage daher Leistungen nach dem SGB II ab dem 01.08.2013.

(Notiz:
  • besser, kürzer und prägnanter kann man meine Lage nicht beschreiben
  • bin in meinem ganzen Leben noch nie mit so wenig Geld zurechtgekommen, selbst in Schulzeiten mit knapp bemessenem Taschengeld war ich finanziell reicher und wohlhabender
  • ohne die Hilfe von "twin" und m. "Alten" wäre ich jetzt auf der Straße
  • man muss aber auch sagen, dass dies das lauteste Zimmer in m. ganzen bisherigen Leben ist  (s.a. ständiger Autolärm + besonders nach Mitternacht laut schreiende, grölende und verstandesmäßig beminderte Zeitgenossen + Parterre ohne schalldichte und isolierte Fenster)- sogar lauter als in Jakarta, der dreckige Moloch und die Höllenstadt Javas.
  • nach dem Souterrain in Nideggen und dem Kellerverlies in "MG Town" ist es auch das Dunkelste und kühlste.
Das Ganze ist trotz allem deshalb annehmbar, weil "twin" gleichzeitig auch als mein persönlicher "Psychiater" und "Psychologe" dient, der mich vor dem Sturz ins bodenlose geistig-seelische Nichts bewahrt + ich im Leben eh' nie anspruchsvoll war + das persönliche Umfeld (Familie, Freunde, Kumpels und Kollegen vom Low- bis zum High-Level) nach wie vor mir gut gesonnen ist.
Nachdem die Suche nach Arbeit in dutzende "Elektrohelferjobs" (alle fest in Zeitarbeitsfirmen) nichts gefruchtet hat, stelle ich fest, ohne kommunale Hilfe geht es nicht.
  • (kein Geld, kein Konto, keine Krankenkasse, keine Busfahrkarte, kein Führerschein dank eines übereifrigen Polizistenduo aus Emden, Strafzahlungen für Willkür und Nichts an Emder Behörden)
So sehe ich ein, man muss Hilfe von "Kollektivkassen" in Anspruch nehmen, um eine Baustelle nach der anderen abarbeiten zu können, um vielleicht mal wieder Boden unter die Füße zu bekommen.
  • So bin ich heilfroh, dass H.W. (so auch der Jobvermittler in Emden), gute und besonnene Menschen sind, die einen beruhigen, die ersten Schritte einleiten und einen nicht als "Drückeberger" oder "Arbeitsunwilligen" betrachten, sondern sich bewusst sind, dass hier "Hilfe zur Selbsthilfe" vonnöten ist !
Nach einem sehr guten Gespräch und den ersten einleitenden Maßnahmen bleiben mir heute noch fünf Dinge zu tun, um sie nächste Woche nachzureichen:
  • 1) Neues Konto eröffnen
  • 2) Arbeitslosengeld I - Negativbescheinigung
  • 3) Krankenkassenmitgliedschaft bestätigen lassen
  • 4) Bestätigung von meinem Vater einholen, dass er mich nicht finanziell unterstützt hat
  • 5) Wohnung suchen
Arbeitsanweisung 4) wird kein Problem werden, Punkt 5) ist nicht einfach, da Aachens Studentenschaft (doppelter Abitursjahrgang) ebenfalls auf Wohnungssuche ist.

Zu Punkt 1)
  • habe mir vom Sachbearbeiter zusichern lassen, dass dieses kein Problem sein wird, da die Sparkasse jedem ein Konto garantiert ... falls nicht, soll ich mir das schriftlich bestätigen lassen.
Also bitte ich bei der Sparkasse um eine Kontoeröffnung ... Sachbearbeiterin nimmt Daten auf, geht zu ihrem Chef ... kommt zurück:

Wir können Ihnen kein Konto eröffnen !
  • Können Sie mir bitten sagen, warum nicht ?
Weil Sie schon mal ein Konto bei uns hatten und 80 Euro Schulden haben !
  • Das ist doch kein Problem, die kann ich doch begleichen.
Nein, das geht leider nicht !
  • Ich möchte eine schriftliche Bestätigung haben, dass Sie mir kein Konto eröffnen können.
Kann ich nicht machen.
  • Ich bestehe darauf ... diese muss ich dem "Arbeitsamt" übergeben.
Ich kann Ihnen leider nicht weiterhelfen.
  • Holen Sie bitte Ihren Vorgesetzten, ich bleibe solange hier stehen.
Sie geht wieder nach hinten ... ich sehe noch, wie so ein langer Lulatsch sich vom Schreibtisch erhebt, ein Jacket anzieht und sich in Richtung Kundenstand bewegt ... er ist sehr freundlich und ruhig:

Wir können Ihnen kein Konto eröffnen !
  • Warum bitte nicht ?
Das liegt an Ihrem  Zahlungsverkehr und Ihrem Finanzverhalten aus der Vergangenheit ! Sie können aber gleich um die Ecke bei der "Aachener Bank" ein Konto eröffnen.
  • Gut, bitte geben Sie mir ein Bestätigung, dass Sie mir kein Konto eröffnen, das brauche ich für das "Arbeitsamt".
Das kann ich leider jetzt nicht machen, aber ich kann es Ihnen zuschicken.
  • Gut, ich fülle das Formular aus.
Dafür haben wir kein Formular.

So gibt er mir einen kleinen Zettel, auf dem ich meine postalische Adresse hinterlasse, dann verabschiedet man sich leise und diskret (allerdings nicht das nächste mal, sollte ich keine Negativbescheinigung erhalten).

Gehe zur Postbank, um wahrscheinlich auch nur wieder ein Absage zu erhalten. Werde dort in ein kleines Zimmer geführt, wo ein männlicher Mitarbeiter, wahrscheinlich der Geschäftsführer, sich in Ruhe mit mir unterhalten kann ... ich erkläre ihm meine Lage, dass ich in Emden ein Konto hatte, es zu einem Pfändungsschutzkonto umwandeln musste, und mein bewusst eingerichteter "0 Euro Dispolimit" gegen alle Vernunft aufgehoben wurde, und ich seitdem nur Ärger mit der Bank hatte ...

Ich kann Ihnen keine Konto eröffnen.
  • Warum nicht ?
Das System kann Ihre Daten nicht erfassen
  • Können Sie mir helfen ?
Ich kann einen Antrag nach Dortmund zur Zentrale schicken, das kann aber dauern.
  • Bitte tun Sie mir diesen Gefallen.
Er nimmt alles auf, in der Hoffnung, das ich am Dienstag einen positiven Bescheid erhalte.

Dann gehe ich zur Aachener Volksbank, wo ich schon zu Schul-, Zivil-, und Ausbildungszeiten ein Konto geführt hatte. Dort trage ich einer Frau mein Anliegen vor ... ich muss eine Unterschrift leisten, damit die Bank eine Einsicht in die Schufa erhalten kann ... ich bekomme einen Termin für den 2.9.13, um dann alles Weitere zu regeln ... wir unterhalten uns noch ein wenig über die Meyer Werft, die sie auch mal besucht hatte ... leider fuhr einen Tag zuvor eine fertiggebaute "Aida" die Ems hinunter zum Dollart ... bin mal gespannt, ob ich beim dritten Gesuch ein Bankkonto erhalte.

Ab zur AOK im Karlshof, um einen Nachweis der Mitgliedschaft zu erhalten ... dort klappt alles wie am Schnürchen, muss nur ein Foto für die neue AOK-Karte machen lassen ... zum Glück steht dort eine Apparatur, die Fotos schießt ... das mit dem Lächeln für das Foto ist mir nach der Bankengeschichte nicht leichtgefallen ...

Danach ab zur "Agentur für Arbeit", wo ich eine Negativbescheinigung für ALG 1 erhalte, auf der vom 6.11.11 bis 29.04.2013 eine Auflistung der Tätigkeiten dargestellt wird ... auf einem vorgefertigten Stempel steht der längste Stempelsatz, den ich bisher registriert habe:
  • Der Kunde / die Kundin gibt an, innerhalb der letzten 2 Jahre nicht mindestens 1 Jahr versicherungspflichtig gearbeitet zu haben. Es ist davon auszugehen, dass kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB III zustande kommt.
Dann erfahre ich, im Rahmen der Suche nach einem Job / Ausbildungsstelle, dass meine "Fallmanagerin" mich noch gar nicht als "arbeitssuchend" freigeschaltet hat, so dass ich für den Arbeitsmarkt praktisch "unsichtbar" bin ... liegt wohl daran, dass erst mal festgestellt werden muss, inwieweit ich belastbar oder überhaupt arbeitsfähig bin ...
  • ... auf der einen Seite gut, andererseits wäre es schön zu erfahren, ob nicht doch lt. Fernsehen einer der " tausenden freien, begehrten und unbesetzten Ausbildungsstellen in Deutschland " mich sucht ... 
Denn schließlich, so der Geschäftsführer der Emder Ausbildungsgesellschaft (Maschbauing. aus Aachen), wäre es für mich sinnvoll, eine ganz neue Ausbildung zu beginnen, da ich in der Elektronik (bis auf 3 Monate in Emden beim "Großmeister und Genie aller Spannungen") weder fundierte Fortbildungs- noch Schwerpunktsmaßnahmen nachweisen kann.

Zum Schluss noch mal zur AOK gegangen (Tipp von der Sachbearbeiterin), um dort eine detaillierte Liste aller meiner "krankenkassenpflichtigen" Arbeiten und Maßnahmen in meinem bisherigen Leben zu erhalten - ist sehr sinnvoll für einen genauen Lebenslauf für zukünftige Bewerbungsschreiben.

Dort erhalte ich die Liste, allerdings macht mich eins sehr stutzig:
  • lt. dieser Liste soll ich während meines über dreijährigen Aufenthaltes in Ostfriesland nur knapp über 6 Monate in einer einzigen Leiharbeitsfirma gearbeitet haben ...
In Wirklichkeit waren es mehr als die Hälfte der Zeit bei drei Zeitarbeitsfirmen auf acht  Arbeitsstellen verteilt:
  • dreimal Zulieferfirmen für VW (mehrere Wochen)
  • zweimal Meyer Werft (mehrere Monate), 
  • zwei Baustellen (mehrere Tage), 
  • einmal Offshore Bard (1 Tag)
Trotz intensiver Nachfrage und Nachforschungen, konnte die Sachbearbeiterin nur diese eine Zeitarbeitsfirma auffindig machen, so dass der Verdacht nahe liegt, dass  die beiden anderen Leihbuden, mich während nicht ungefährlicher Arbeiten überhaupt nicht bei der Krankenversicherung angemeldet haben ... und ich bin nur bei der AOK gemeldet gewesen, seitdem ich meine ersten Brötchen verdient habe ...

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