Donnerstag, 22. April 2010

Ingenieursmangel: Zwischen Frust und Chancen

 entnommen aus:

Emder Zeitung

Mittwoch, 21. April 2010

von 

KATHRIN STRECKENBACH
"

Zitat:

Arbeitgeber suchen händeringend nach ausgebildeten Fachkräften - dennoch ist es für diese oft nicht einfach, eine Stelle zu finden !

Hannover. Die Industrie sucht händeringend nach Ingenieuren und beklagt seit Jahren einen Fachkräftemangel - wenn Michael dieses Wort hört, wird der sonst so ruhig wirkende Ingenieur richtig laut:
  • "Das ist eine richtige Frechheit von den Firmen", sagt der 37 Jahre alte Arbeitslose, der seinen Nachnamen lieber nicht nennen möchte. 
  • "Es sind doch sehr, sehr gute Leute auf dem Markt. Die müssen einfach nur an die Jobs herangeführt werden." 
Er selbst sucht seit Februar nach einer neuen Stelle - und ist in dieser Woche auf der Hannover Messe unterwegs, um sich über offene Stellen und neue Projekte zu informieren.
  • Dafür hat er sich ein straffes Programm zusammengestellt. "Im Schnitt besuche ich 50 Stände pro Tag."
  • Er redet mit Personalern und Technikern, lässt sich Kontaktdaten geben und seine eigene Visitenkarte dort.
Der studierte Elektrotechniker hat in den letzten Jahren in zahlreichen Fachgebieten sammeln können.
  • "Ich bin breit aufgestellt."
Trotzdem seien die Reaktionen der Unternehmen auf seine Eigeninitiativen zurückhaltend.
  • "Ich bin gefrustet bis zum Anschlag."
34.000 Stellen unbesetzt

Dabei suchen die Arbeitgeber händeringend nach gut ausgebildetetn Ingenieuren.
  • 34.000 Stellen blieben nach Angaben des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) im vergangenen Jahr unbesetzt.
Die wirtschaftlichen Folgen seien enorm.
  • Umsätze in Höhe von drei Milliarden Euro hätten wegen des Fachkräftemangels nicht verwirklicht werden können.
Dennoch scheint das Problem auf dem ersten Blick paradox: Wirtschaftskrise und Fachkräftemangel - wie passt das zusammen ?
  • "Deutschland lebt von Innovationen", sagt VDI-Experte Lars Funk.
  • "Auch wenn die wirtschaftliche Situation derzeit nicht so gut ist, wissen die Unternehmen, dass sie in diese Entwicklung investieren müssen - und dafür braucht man Ingenieure."
Auch die Zahl der Hochschulabsolventen reiche nicht mehr aus, um den Bedarf an Fachkräfte zu decken.
  • "Das Interesse an den Ingenieurberufen lässt nach", sagt der Wirtschaftswisssenschaftler Oliver Koppel, der für den VDI eine Studie zu diesem Thema erstellt hat.
  • "In der Generation unserer Großeltern da war jeder dritter Akademiker Ingenieur, jetzt ist es gerade noch jeder sechste."
Um diese Lücke zu füllen, setzen viele Unternehmen auf das Potenzial von Frauen.
  • Denn die sind in den technischen Berufen noch immer unterpräsentiert - gerade mal 16 Prozent der Ingenieure in Deutschland sind nach Angaben des VDI weiblich.
"Dabei machen mehr Mädchen Abitur, und das mit besseren Noten", sagt Reinhard Hüppe, Geschäftsführer des Zentralverbands Elektrotechnik- und Elektroindustrie.
  • "Leider taucht davon maximal die Hälfte im Studium wieder auf. 
  • Und in den ingenieurswissenschaftlichen Fächern sind es noch viel weniger."
 
Viele Vorurteile

Nach wie vor müssten Frauen aber gegen zahlreiche Schwierigkeiten und Vorurteile kämpfen.
  • "Das ist das uralte Frauen-in-Männerdomänen-Problem", sagt Hüppe. 
Weibliche Ingenieure 
  • bekommen oft weniger Geld
  • haben schlechtere Karriereaussichten 
und
  • sind deutlich stärker von Arbeitslosigkeit betroffen als ihre männlichen Kollegen.
    Heikes Wesols vom Verband Frauen in Ingenieurberufen - einer Organisation innerhalb des VDI - sieht dabei aber auch ihre Ingenieurskolleginnen in der Pflicht, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen.
    • "Ich handle meinen Vertrag ja selber aus", sagt sie.
    • "Manche Frauen müssen vielleicht auch erst mal lernen, sich gut zu verkaufen, vielen fehlt da das Selbstbewusstsein."
    Von einer Gleichbgerechtigung sei man in den Ingenieursberufen allerdings noch weit entfernt.
    • "Vielleicht auf dem Papier, aber nicht in der realen Welt."

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