Mittwoch, 17. Februar 2010

... so können sich die Zeiten ändern: der Vorarbeiter meckert schon weniger in den Skatpausen, bekommt hin und wieder eins auf die Mütze, auch wenn er es schwerlich zugeben will ;-) Hat vorgestern D. und mir ein Mittagessen von der Pommesbude spendiert: "Meine Alte (=OP-Krankenschwester) war bei mir, habe alle kleinen Scheine aus ihrem Portemonnaie erhalten !" ... er ist manchmal in seiner Tonwahl etwas ungeschliffen, gefällt mir aber ganz gut, kann auf diese Art und Weise sehr gut Kontra geben ... in den letzten Tagen und Wochen immer wieder drei Hauptthemen neben anderen Unterthemen besprochen
  • a) im Bauwagen über Hartz VI:
  • b) mit kleinen und großen Leuchten über RLD:
  • c) im Seemannsheims &  mit Matrosen, Seeleuten und Kapitänen über den Schiffsbau + Nautik:
... das Gute an den Leuten hier ist:
  • es ist eine durchweg protestantische Gegend, irgendwo macht sich das in den Gesprächen schon bemerkbar
  • der ostfriesische Dialekt kommt sehr sympathisch rüber
  • selbst die 1-Euro-Jobber, die meisten waren ehemalige Schweißer auf der Werft, wissen auf Anhieb wo Jakarta, Singapur, Jacksonville, Sansibar, Sumatra, Liberia, das Tschagos Archipel, Kap Verde, Neu Kaledonien, Palau, Swasiland und viele andere internationale Orte sich befinden ... man braucht ihnen überhaupt nicht zu erklären, wo was liegt: diese Erfahrung habe ich in anderen Gegenden von Deutschland in diesem Wisssensumfang bisher noch nicht erlebt => selbst das Grundwisssen einiger Studenten war was geographische Kenntnisse anbelangt, deutlich geringer ausgeprägt !
***
Hartz IV:

... auf Nachfrage habe ich drei Einstellungen und Meinungen gehört:
  • a) es gibt die Sorte, die sich längst aufgegeben haben ... sie sagen so gut wie nichts über ihre Situation, trinken sich die Hucke voll, verpassen Arbeitstermine und bekommen sämtliches Geld gestrichen. D. z.B., hat jetzt drei Monate Sperre, keine Miete oder andere Zuwendungen ... sie sind solange verloren, bis sie sich freiwillig einer Entziehungskur unterziehen !
  • b) eine weitere Sorte ist zum Gespräch bereit: W. z.B., ist vor 10 Jahren arbeitslos geworden ... es folgte Arbeitslosengeld, dann Arbeitslosenhilfe und schließlich Hartz VI ... auf die Frage hin, ob nicht schlechte Gewissensbissse habe, dass andere hart arbeiten müssen und er Geld vom Staat bekommt sagter er nur: "Dazu kann ich nichts sagen. Ich arbeite seit drei Jahren als Hartz VI-Empfänger. Da musst du ein halbes Jahr arbeiten von 8 bis ca. 15-16 Uhr für jeweils 1 Euro die Stunde. Das nächste halbe Jahr hast du dann frei. Ich bin mir keiner Schuld bewusst, nehme auch gerne jede Arbeit an, die man mir bietet !"
  • c) der Vorarbeiter hat eine ganz klare Meinung: er hat Schweißer gelernt, hat fast drei Jahrzehnte bei Thyssen-Nord und anderen Firmen an fast jedem Schiffstyp gearbeitet + U-Boote ... zuletzt hat er 45 Euro die Stunde bekommen, darunter geht er nicht mehr arbeiten ... er ist von allen sehr exakt, immer pünktlich, hält die Pausen ein und geht nicht früher als eine Minute vor Feierabend nach Hause ! Was den Untergang der Schiffswerft anbelangt, so hat er das meiste Insiderwissen: meistens zielt es darauf ab, dass zum einem die Kommunalpolitiker alles gemacht und unterlassen hätten, um andere Orte (wie z.B. Rotterdam) stark zu machen, nur nicht Emden + der Besitzer der Meyer-Werft durch Machenschaften und Tricksereien den Kommunalpolitikern indirekt dikitiert, was sie tun können und was sie zu unterlassen haben !
RLD:
  
... endlich einen über zwei Ecken getroffen, der seine zwei Läden ordentlich führt, einen davon habe ich besichtig: klein aber fein ! Den anderen hat er verpachtet !
  • auch ihm ist bewusst, dass es in diesem Bereich schwerer geworden ist, hat selber Restaurant-Fachmann gelernt !
  • hat schon als 18jähriger seinen ersten Laden gehabt, ist mittlerweile um Mitte 40
  • trotzdem meldet er alles, aber auch alles ordnungsgemäß an, mit der Begründung: "Habe einfach keine Lust mehr auf Ärger ... da kann ruhig die Polizei kommen, meinen Laden umstellen und nach Frauen und Papieren fragen " ... dann sagt er zu ihnen: "Sehen Sie hier irgendwo illegal arbeitende Frauen oder Fußspuren, die am Hinterausgang im Schnee zu sehen sind ?"
  • aber auch er jammert schon ein wenig über die goldenen Zeiten, damals wo noch die gute alte D-Mark die Menschen beglückt hat ! Letztendlich hat er sich aber auf die veränderten Zeiten eingestellt, und wartet darauf, dass alles ein bisschen besser läuft als in den letzten 3-5 Jahren !
Schiffswelt:

... dieser Bereich interessiert mich natürlich am meisten ... habe ja Schwesterherz und Schwager vor ein paar Jahren gebeten, während ihres Kurzurlaubs in Indonesien alles über Schiffsbau und -handwerk in Erfahrung zu bringen ... leider kamen sie mit Zero-Informationen zurück: kann es ihnen nicht verübeln, wollen in ihrer Freizeit relaxen und nicht mich mit Informationen füttern ... mittlerweile habe ich selber schon vieles in Erfahrung gebracht, muss aber noch einiges in meinem Leben ordnen, um überhaupt noch mal einen allerletzten Versuch in Deutschland zu starten ... wenn nichts mehr geht, dann liegt im Safe vom Bergbauing. mein restliches Guthaben und Erspartes von 500 Euro: da lege ich bis zu dreihundert Euro für ein Flugticket noch drauf und bin weg, so wie es Ed zu mir sagte: " ..., was willst du noch in Deutschland ? Komm endlich nach Indonesien zurück !"
  • ein 19jähriger Schiffshandwerker, der kurz vor der Abschlussprüfung steht, hat mir einiges erzählt ... trotz meines fortgeschrittenes Alters meinte er: "Es gibt durchaus Bereiche im Schiffswesen, wo noch Leute gebraucht werden. Werde nur nicht Schiffskoch, die haben es von allen am Schwersten: bekommen den niedrigsten Lohn und können es keinem Recht machen !"
... habe mittlerweile drei bis vier Optionen:
  • in Schwalmtal im Heavy-Metal-Laden gegen Eigenbeteiligung eine Küche mit Schmalangebot aber Insider-Essen zu führen (wer weiß, vielleicht treffe ich ja "US-Sweetie" und/oder "Engelsgesicht" wieder !)
  • beim Systemadmin in einer Pizzeria zu arbeiten, die er in seiner knapp bemessenen Freizeit alleine Schritt für Schritt restauriert (gerade noch Anruf bekommen, bin sehr froh, diesen Menschen kennengelernt zu haben)
  • mit CI etwas aufbauen => er selber ist Ruhrpottler, war schon überall in Deutschland, von Emden bekommt ihn kein Mensch mehr weg, so seine Planungen !
  • die vierte Option ist halt das Schiffswesen, und von allen ist hier der Drang hier am größen !
  • die Selbständigkeit kann ich mir abschminken - alle meinen einhellig: ohne eigenes Startkapital von mindestens 10.000 bis 20.000 Euro ist alles viel zu riskant in Deutschland !
    ... bei allen Optionen darf ich natürlich nicht vergessen: erst mal aus der finanziellen Misere herauskommen ... der erste Schritt ist getan, nämlich seinen inneren Frieden wieder zu finden, im Kellerverlies stand ich selber kurz vor einer Depression. Da muss schon viel passiert sein, dass ein Mensch wie ich mit einem äußerst kritischen aber auch frohen Gemüt derart absacken kann. Von daher kann ich Menschen immer besser verstehen, wenn sie in eine ähnliche seelische Schieflage hineingeraten ... allerdings gibt es für keinen eine plausible Entschuldigung in diesem Zustand zu verharren, solange er nicht arbeitslos ist und seine Brötchen verdienen kann, egal wo und was für einen Job er macht => das hat mir der Umgang mit den 1-Euro-Jobber ganz klar und deutlich gezeigt ! Früher habe ich vielleicht anders gedacht, jetzt verstehe ich immer besser, was die Krankenpflege-Schulleiterin in Klinikum immer zu uns in ähnlichen Worten sagte: "Warte nie darauf, dass dir jemand hilft, nutze aber jede kleinste Hoffnung in dir, es könnte deine letzte sein !"


    Keine Kommentare: