Ein Abend hat mir wirklich sehr geholfen und Hoffnung gegeben ... will an einem Abend letzte Woche um 22h ins Bett gehen ... treffe zufälligerweise
CI in seinem Auto, der nimmt mich zu einem Bekannten im
Außenhafen ... wir gehen zu einer
Anlegestelle nur für den
Lotsebetrieb und klettern die
eiskalte Metallleiter hinunter, es ist
Ebbe ... hier haben ein Schiffsmechaniker mit kleiner Kapitänsausbildung und einer mit großen Kapitänsausbildung eine
24-Stunden-Schicht zu schieben: von
8 Uhr morgens bis zum nächsten Tag, danach
drei Tage frei... es handelt sich um ein kleines
zweimotoriges Schiff, schätzungsweise
4 mal
12 m ... es kommt aus
Travemünde und wurde von den
Franzosen für ca.
200.000 Euro (?) abgekauft, da die eigenen etwas größeren zwei Lotsen-Schiffe sich in
Reparatur befinden ... als gelernter Elektroniker bin ich natürlich vollauf begeistert: das Führerhaus ist
vollgestopft mit
Elektronik +
Laptop mit Internetverbindung + eine Palette von
bunten Drückknöpfen + Radar usw. ...über das
Internet können sie eine Liste von an- und ausfahrenden Schiffen per
login+password aufrufen. Zusätzlich erhalten sie per
Funk Anweisungen vom "Tower", indem ein Mann sitzt, der sie regelmäßig als
"faule Eier" beschimpft ;-) ... das liegt daran, dass sie in den Totzeiten sich in den zwei kleinen Kojen unter Deck hinlegen können, der Mann in
Tower aber ständig wach sein muss !
Bsp: Lotsenboot
Wenn ein Schiff ein- oder ausläuft, dann bringen sie und holen
Lotsen vom Deck, meistens während laufender Fahrt. Wir unterhalten uns gut eine Stunde, dann kommt ein Einsatz: wir bringen einen Lotsen zur "Emden" (?) ein riesengroßes Auto-Verlade-Schiff ... auf den Rückweg wird noch ein anderer Lotse abgeholt ... eine Stunde später läuft die "Emden" aus ... sie wird von zwei
Schleppern herausmanövriert ... das muss sein, denn die
Strömungen der Ems, die in die
Nordsee mündet, würde das große Schiff nur
manövrierunfähig machen, zumal der Schwerpunkt überhalb der Wasserlinie sich befindet ... ein Schlepper zieht, der andere am anderen Ende hält das Schiffsungetüm
auf Linie ... wenn jetzt das ausfahrende Schiff sich in der Strömung befindet, kann es aus eigener Kraft Fahrt aufnehmen, wird ber noch eine Weile von einem Schlepper geführt ... während der Ausfahrt fährt das Lotsenboot in geringer Geschwindigkeit
(bis ca. 5 Knoten, Maximum: 20 Knoten, Knoten * 1,86 = km/h) nebenher ... wenn beide ungleich großen Schiffe ungefähr die gleiche Geschwindigkeit haben fährt das Lotsenboot nah an das fahrende Schiff heran ... es sieht so aus, als ob ein kleines unbedeutendes Böotchen einen Eisengiganten rammen und entern will ... ich selber stehe auf der
Backbordseite und sehe den Riesen immer näher kommen, die
Rumpfwand ist mindestens
25 bis
30m hoch, so hoch wie manch
Kirchturm ... irgendwann liegen beide
Schiffsrümpfe bei
gedrosselter Fahrt nebeneinander, es passt kein Stück Papier zwischen den beiden ... eine
Strickleiter ist beim Autotransporter von ganz oben bis nach unten
fixiert ... jetzt kann in Ruhe über eine zusätzliche Treppe, die sogenannte "
Gangway", der
Lotse nach unten
gehen und die letzten Meter über die Strickleiter in das Lotsenboot
klettern ... dann dreht das Lotsenboot bei und kehrt zu seiner
Anlegestelle zurück ... die "Emden" (?) fährt weiter über die Ems aus den Hafen hinaus und steuert "
Jacksonville" an der
Ostküste der
USA an ...
flickr.com
... so ein nächtliches
Manöver bleibt für mich natürlich unvergesslich, für die beiden Kapitäne natürlich Routine ... habe von außen selbstverständlich ganz genau die Steuerbewegungen des Kapitäns beobachtet. Er kann auf
drei Arten steuern: über das
Steuerrad und über ein ein Joystick, dem
Jog-Shuttle. Da das Schiff über eine
linke und
rechte Außenmaschine verfügt kann er auch über die beiden
Gashebel steuern: dieses Prinzip kennen auch die
Ruderer, die mit den beiden
Riemen auf der Stelle
wenden können.
ship-world.de
Nachdem das Manöver beendet ist beginnt an der Anlegestelle erst mal ein langes Gespräch: CI unterhält sich stundenlang mit einem Lotsen, der eine kleine Gaststätte besitzt und auch Musik spielt, über
Gastronomie und
Musik ... das wird mir auf Dauer zu langweilig und lasse mir lieber das
technische Equipment erklären ... wir gehen auch in den
Maschinenraum, dem man vom
Leitstand + oben vom
Bug erreichen kann ... der Maschinenraum ist
abgeschottet, allein um schon den Lärm
(über 100 db A) und die Hitze (Abgase über
300°C warm) zu isolieren ... nach dem Maschinenraum in Richtung
Bug befinden zwei kleine
Kojen ... die beiden Maschinen/Motoren werden mit
Seewasser gekühlt (Entkopplung der Kreisläufe) ...
Car landing port
gearthhacks.com
Der
Schiffsmechaniker, der auch die
kleine Kapitänsausbildung hat, ist Mitte
30, hat zwei Kinder und besitzt ein
Wohnmobil, das oben an der Anlegestelle steht. Er ist eher ein
ruhiger und recht
sportlicher Typ. Der Mann mit der
großen Kapitänsausbildung ist ebenfalls ein sehr ruhiger und ein
Routinier. Er fährt schon über
40 Jahre zur See und will in den nächsten zwei Jahren in den
Ruhestand gehen. Überraschenderweise will er seine Pension in
Thailand verleben, hat eine
Thailänderin geheiratet und weiß genau, was ihn in
Südostasien erwartet ... wir verstehen uns blendend: sollte ich jemals nach
Sumatra mal zurückkehren, werden wir uns über die
Straße von Malakka gegenseitig besuchen ;-)
Abschleppdienst ;-)
forum-schiff.de
Ich erzähle auch zum allerersten mal zwei Menschen, was mein
Traum ist und betone: es ist noch ein Traum => ich möchte gerne ein
Schiff besitzen,
bauen oder
chartern, um in
Indonesiens Gewässern von
Küste zu Küste und von
Insel zu Insel zu schippern, um dort
Wasser- und
Bodenproben zu machen und andere Aufgaben zu erledigen. Ich frage sie, ob dieses Schiff
hochseetauglich ist ... nein, sei es nicht, ich müsste schon ein anderes kaufen, da dieses nur einen
Seegang mit der
Windstärke 6-7 aushalten könnte ... sie geben mir noch ein paar Tipps, worauf ich alles achten müsste und wünschen mir viel Erfolg ... ich könne zu jedem Zeitpunkt vorbeikommen und ihnen
Skat beibringen und weitere
nautische und
maschinentechnische Informationen erhalten ;-)
Morning dew in Emden
flickr.com
Irgendwann verlassen wir das Schiff und fahren nach Hause ... oben am
Kai befinden sich noch weitere
Wohnmobile, in denen einige Leute von auswärts übernachten, sich sozusagen ein kleines Abenteuer gönnen ... zu Hause angekommen merke ich, dass ich den
Rucksack vergessen habe ... fahre schnell mit dem
Fahrrad zurück, leider kein Lotsenboot mehr da ... fahre wieder zurück um eine halbe Stunde wieder zurückzukehren ... halte nach dem Boot Ausschau, besonders nach den Lichtern:
"Weiß auf Rot" (=Lotsenbetrieb) ... an der großen
Seeschleuse warte ich, irgendwann müssen sie doch wieder vorbeikommen ... höre einen
Riesenlärm, die
große Seeschleuse öffnet sich und
Tonnen von
Stahl und
Beton kommen quitschend auf mich zu: aha ... da will ein
Kabelleger in den Hafen fahren, und das Lotsenboot fährt voran ... kann meinen Rucksack abholen und fahre sehr sehr zufrieden nach Hause ;-)
Hafen + Seeschleuse
Mittlerweile haben mir einige bestägt, dass das
Schiffswesen durchaus noch Arbeitsplätze zur Verfügung stellt, sowohl in der Nautik als auch im Maschinenwesen. Habe gerade noch mit einem
Zollbeamten gesprochen, der mit seinen
42 Jahren ein
Quereinsteiger ist: hat
Tischler gelernt und gearbeitet, war danach
12 Jahre beim
Bund und macht jetzt erst mal in der
Nautik seinen kleine
Kapitänsausbildung. Er befindent sich auf einem
38m Schiff mit
drei Motoren (zwei
Außen- und eine
Mittlere Maschine, die den
Hauptschub gibt). Alle Maschinen machen ca.
5.500 PS aus bei einer
Lautstärke von ca.
150-180dB A. Das Schiff macht sage und schreibe
28 Knoten:
"Wir müssen auch keine Lotsen absetzen oder abholen, unsere Aufgabe ist das Jagen !" ;-) Sollte ich Interesse haben, es werden immer Leute gesucht, solle ich mich bei
www.zoll.de erkundigen und erst mal eine
dreijährige Zollausbildung machen ! ... hmm ... wäre doch mal ganz interessant
THC-Schmuggler zu jagen und den ganzen
Stuff für mich zu behalten ;-))
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