Sonntag, 5. Oktober 2008

Alte Heimat, neue Heimat

In den 50er Jahren verließen die Eltern der Filmemacherin ihr kleines Dorf in Italien für eine Arbeit in den Kohlebergwerken Belgiens. Als 2001 die Großmutter in Italien starb, trauerte Sonia Pastecchia nicht nur um einen geliebten Menschen, die Mutter ihrer Mutter, sondern auch um ein Fleckchen Erde, das sie nun nicht mehr als das ihre bezeichnen konnte.

Die Großmutter war die einzige Verbindung zwischen der in Belgien lebenden Familie und der vor 50 Jahren verlassenen Heimat. Was blieb von dem geliebten Ort der Kindheit, von den Ferien, den Cousins und von dem Dorf, das unzertrennlich mit der Person der Großmutter verschmolzen war?

Das heutige Leben im Dorf ist geprägt von Menschen, die von anderswo herkamen, um sich dort niederzulassen. So beginnt die Geschichte von neuem. Man verlässt die Heimat, gelangt andernorts zu neuer Würde, die einem zu Hause versagt geblieben war, zieht Kinder groß. Aber wo soll man dann sterben?

Die Mutter der Filmemacherin möchte in Belgien begraben werden, auf dem Friedhof St. Nicolas. Sie lebe hier, also müsse sie hier auch beerdigt werden. Und die, die heute in das Dorf kommen, das Sonia Pasteccias Eltern verlassen haben? Wo wollen die begraben werden? Das Hier und das Dort verschmelzen, die Welt wird zu einem weiten Feld, auf dem der Begriff der Heimat nach und nach verschwindet - und das Leben die Oberhand gewinnt.

(Quelle: tvtv.de, Arte, 23:45)

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