Mittwoch, 4. März 2009

Im Elefantenladen

entnommen aus Focus

Nr.51, 15.Dezember 2008

Kantige Typen: Ökonom Hans Olaf Henkel skizziert Bahn Chef Hartmut MehdornEx-Wirtschaftsführer - Hans-Olaf Henkel sieht Bahn-Chef trotz aller Kritik an der richtigen Stelle

Für die Presse sind Wirtschaftsführer entweder Könner oder Flaschen. Nur bei Hartmut Mehdorn scheiden sich die Geister. Für die einen ist er ein Energiebündel, für die anderen ein Elefant im Porzellanladen. Für mich ist er eher eine Porzellanvase im Elefantenladen: Gleich mit mehreren Gewerkschaftsführern muss er klarkommen; mit einem Finanzminister, der auf einen höheren Börsenwert schielt, während sein Verkehrsminister diesen durch seine Vorgaben dauernd abwertet.

Er muss sich mit Abgeordneten herumschlagen, die niedrigste Tarife und höchsten Komfort gleichzeitig fordern, mit Regionalpolitikern, die zwar eine schnelle und effiziente Bahn wollen, aber auch, dass der ICE an jedem ihrer Bahnhöfe hält und die Waggons möglichst in ihrer Gegend produziert werden.

Hand auf Herz: Vergleicht man die Leistungen der Bahn AG von heute mit der Bundesbahn von früher, muss man konzedieren, dieser Mann hat viel, sehr viel bewegt - weil er sich standhaft weigert, dauernd von anderen bewegt zu werden. Klar, Gewerkschaftsführer, Aufsichtsräte, Minister, Lieferanten und Journalisten haben sein Temperament zu spüren bekommen, ich. Aber jeder, der ihn kennt, weiß, dass er im Interesse seiner Bahn und nicht in seinem eigenen handelt. Mehdorn ist in diesem hochpolitischen Job so erfolgreich, weil er das genaue Gegenteil eines Politikers ist: uneitel, kompromisslos, mutig. Mehdorn hat seine Bahn nicht nur bewegt, er hat sie auch auf das richtige Gleis gesetzt. Er ist einer unser Allerbesten.

Fazit: selten so gut gelacht ;-) Was Mehdorn rettet, ist, dass auf alleroberster Ebene, besonders der aktuelle Verkehrsminister, gelinde gesagt, keine glückliche Figur abgibt => zuviele Köche verderben den Brei ! Nun rächt sich schon seit Jahren, dass die Bundesregierungen die Bahn seit den 80er Jahren zugunsten der Straßen- und Autobahnen sträflich vernachlässigt haben. Am Ende sind nicht mal die Nahverkehrsverbindungen bezahlbar, die Pendler müssen es wohl zähneknirschend hinnehmen.

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