Montag, 1. November 2010

Warschauer Ghetto

 

Zitat:

Die Sequenzen zeigen Kinder im Warschauer Ghetto. 
  • Kinder vertrauen Erwachsenen. 
  • Was muss es also bedeutet haben, als diese Kinder aus einem meist ganz gewöhnlichen Leben in diese Hölle geworfen wurden und miterleben mussten, wie bestialisch die Wirklichkeit ist und dass auch ihre Eltern sie nicht beschützen konnten, statt dessen ebenso ausgeliefert waren wie sie. 
Es waren Kinder wie unsere, für die wir Verantwortung tragen, die wir lieben wie deren Eltern sie geliebt haben. 
  • Es darf nie vergessen werden, was der Nationalsozialismus verbrochen hat, diese Bilder zeigen eine Wirklichkeit, die genau so stattgefunden hat und sie zeigen nur winzig kleine Ausschnitte. 
Nichts, aber auch gar nichts kann diese Verbrechen rechtfertigen oder relativieren.

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Eigene Bemerkung (Kurzfassung):

Wenn man als Kind in einer Pfarrersfamilie aufwächst, so erfährt man im Regelfall eine frühere sozial-geschichtliche Aufklärungsphase als bei so manch anderen Gleichaltrigen. Doch verstehen und annähernd begreifen kann man den Holocaust mit seinen Massenermordungen und mit seinen tödlichen Ausgrenzungen von Millionen von Menschen erst im Laufe seines eigenen Lebens.

Die ersten nachhaltigen Informationen habe ich persönlich in der Orientierungsstufe in der "Deutschen Internationalen Schule Jakarta" im Geschichtsunterricht erhalten.

Da sitzt du also im klimatisierten Klassenraum, weit entfernt von Deutschland, schaust nach draußen auf den Schulhof, wo sich große und bunte Schmetterlinge im tropischen Sonnenschein aufwärmen und ihre Tracheen mit warmer Luft vollpumpen. Und plötzlich hörst du die Lehrerin sagen, dass die Deutschen vor ein paar Jahrzehnten Millionen von Juden, Roma und Sinti, Schwule, geistig und körperlich Behinderte, Ausländer, bekennende Gläubige, Widerstandsmenschen und viele andere Ausgegrenzte gefoltert, ermordet und vergast haben.

Als Kind und Jugendlicher kannst du das Ausmaß dieser Staats- und Volksverbrechen in Qualität und Quantität nicht begreifen und nachvollziehen. Von daher kam sehr früh ein fragender Gedanke im damaligen Klassenzimmer auf:
  • Was zur Hölle kann es nur sein, das im menschlichen Wesen verankert ist und zu solchen Horrorszenarien, Ermordungen und Massenwahn führt ?
Gerne hätte ich für diesen Gedankengang auch die Schüler in der französischen, britischen, US-amerikanischen und in anderen ausländischen, internationalen Schulen in Jakarta beobachtet, aber die trafen wir nur auf Sportwettbewerben. Also blieb mir nichts anderes übrig, als meine deutschen Mitschüler, viele aus Mischehen stammend, zu betrachten und hinsichtlich dieser immer drängenden Frage zu analysieren.

Diese Beobachtungen und Analysen wurden selbstverständlich in Deutschland gedanklich weiter fortgeführt. Und in all den Jahren, sowohl im Ausland und erst recht in Deutschland habe ich für mich ganz persönlich erkannt:
  • Schüler sind Weltmeister in "sich Außenseiter schaffen" und Mitschüler aus verschiedenen Gründen zu stigmatisieren.
Für mich ist dies die entscheidende Grundvoraussetzung, um in späteren Schritten und Lebensphasen Menschen zu foltern und zu töten:
  • Mein Gegenüber wird zu einem Außenseiter gestempelt und getrieben: ein nicht willkommenes und gleichwertiges Mitglied der Gesellschaft, das es gar nicht anders verdient hat, als isoliert und aus dem Weg geräumt zu werden.
Natürlich weiß ich, dass sich dieses Phänomen, sich besser und wertvoller zu fühlen als sein Mitmensch, nicht auf die Deutschen alleine beschränkt ist. Da hat fast nahezu jedes Land und Region auf dieser Welt seine ganz eigene Geschichte und Verbrechen zu klären und zu analysieren.

Heute gibt es sogar die Erscheinung, dass deutsche Mitschüler von ausländischen und Schülern mit Migrationshintergrund systematisch gehänselt und tyrannisiert werden.

Dass aber stigmatisierte "Außenseiter" lange nach der Schulzeit systematisch von einem Staat und von Bürgern in seiner Bevölkerung höchstpersönlich oder in kollektiver Schuld ermordet werden, steht nicht zu befürchten, das Gegenteil ist heutzutage der Fall => wenn eine lang andauernde und verletzende Demütigung zur Persönlichkeitsänderung geführt hat, haben einige wenige Außenseiter sich in Form von Amokläufen in tödlicher Manier gerächt, egal wen die persönliche Vergeltung trifft !


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