Fahre also alleine zu der Lagerhalle, schaue mir die Elemente noch mal gründlich an. Familienvater und ich sind lampentechnisch ein gut eingespieltes Team, sind sogar ein Tag vor der Deadline fertig geworden. Räume auf, fege den ganzen Dreck weg + bringe alle rumliegenden Holzlatten von den Transportkistendeckeln, die wir geöffnet haben in eine Ecke. So sieht das ordentlich aus: ein sauber hinterlassener Arbeitsplatz + ein perfekt gewerkeltes technisches Kunstwerk von Deckenlampe. Gehe gegen 10:30 nach draußen ins Auto, um meine verpasste Frühstückspause von 15min nachzuholen.
Bin in die "Tageszeitung" vertieft als plötzlich Vorarbeiter M. am Autofenster steht.
"Was machst du denn da ?"
- "Äh, ja, hmm ... Frühstückspause !"
- "Ja, habe aber durchgearbeitet und hole sie jetzt nach !"
Dann gehen wir in die Halle.
"Was, du hast schon wieder gefegt ?!"
- "Ja."
- "Wieso, das war doch unserer ?!"
- "Ja klar, der Gabelstaplerfahrer hat mich gebeten, sie wegzutun, da er schon Zick-Zack durch die Halle fahren musste."
- "Okay, aber wir haben die Kisten aufgemacht !"
Wenn ich jetzt etwas Adäquates zu einem solchen Schmarren gesagt hätte, hätte er mich sofort rausgeschmissen. So schaue ich mir den langen Lulatsch an und denke nur: "Jetzt dreht er voll ab !"
"Wenn du fertig bist, kommst du auf's Schiff zur Kiste !"
- "Alles klar !"
Das man auch vernünftig mit Menschen auf der Arbeit umgehen kann, erfahre ich zum Glück kurz danach. Auf dem Schiff angekommen gehe ich mit "Alter Hase" zur Aida, das ist sein Schiff. Er arbeitet schon seit 15 Jahren auf der Werft und bereitet sich so langsam auf seine Pension vor. Auf der Aida kennt ihn jeder und grüßt ihn. Eigentlich ist er durch Zufall zum Schiffsbau gekommen.
Zuerst schleppt er mich mit zu den täglichen "Taktsteuerungs-Besprechung" und stellt mich scherzhaft einigen seiner Arbeitskollegen als seinen Nachfolger vor. Bemerkt aber noch mit einem Griemeln, dass ich ursprünglich Arzt werden wollte, was er sich unmöglich vorstellen kann + in Autos penne => was soll ich bloß zu diesen Anspielungen sagen ,-).
Heute erhält unsere Firma nur ein Gelb auf der Taktsteuerungstafel, anstatt eines satten Grüns, für gut erledigte Arbeiten. Schlecht wäre ein Rot. In naher Zukunft muss "Alter Hase" acht solcher Taktbesprechungen an verschiedenen Orten auf der AIDA mitmachen und gleichzeitig eine Truppe führen => schätzungsweise ein kleines stressiges Abschiedsgeschenk für seine treuen Dienste auf der Werft ;-)
Im "Theatrium" müssen wir Leitungen verlegen. Dabei wurde leider schon eine gewisse Fläche verschlossen. Also hat er höflich einen Schlosser gefragt, ob dieser die Bodenplatten wieder öffnen und zusätzlich ein paar Rundstangen schweißen kann, damit wir unsere Leitungen mit Kabelbindern anstrapsen können. Nachdem wir bis kurz vor Dienstende unseren Auftrag erfüllt haben, sind wir uns im Klaren:
- "Wenn du freundlich und höflich mit deinen Handwerkskollegen umgehst, um so mehr kannst du damit rechnen, dass sie dir auch mal außerplanmäßig einen Gefallen tun !"
- "Wer seine Mitarbeiter ständig dranglasiert, sich unhöflich benimmt, nur meckert und schlechte Laune verbreitet, der braucht sich auch nicht zu wundern, dass er in Notfällen, wenn es wirklich darauf ankommt, rechtzeitig Ergebnisse zu liefern, im Stich gelassen wird. !
... im Endeffekt ist jedes gigantische Unternehmen eine hohe Herausforderung für alle Beteiligten.
Hauptsache ich weiß für mich, dass der aktuelle Stahlriese nicht für militärische Zwecke gebaut wird sondern für Familien und Schiffsreisende aus aller Welt.
Der Rest besteht aus Routine, Lernen und Staunen über die Ansammlung tausender Arbeitsschritte, Handwerksmaterial, Techniken, Räume und Menschen ...
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