Montag, 25. Januar 2010

7:50 Schornsteinfeger
  • Imissionsüberprüfung in der Bar => 9% Verlust
  • alle Thermostate auf 2, Bar = 4, Vorlauf auf Stufe 3
  • in allen Räumen beträgt die Zimmertemperatur 17°C, so auch in der Bar
er stellt fest:
  • auch hier müsste der Gasbrenner erneuert bzw. repariert werden
  • ab 2013 darf auch er Wartungsarbeiten am Brenner  vornehmen, ist bis jetzt verboten, da momentan noch Überschneidung mit den Tätigkeiten eines Heizungsinstallateurs
  • Änderung dieser EU-Verordnung, um mehr Wettwebewerb zu ermöglichen
  • Tipp: da es jetzt schon seit längerem deutlich unter 0°C ist => Vorlauftemperatur auf 4, Thermostate auf 2 belassen
  • in der Bar sollte möglichst eine zweite Heizung eingebaut werden, am besten i.d. Nähe vom kleinen Laufsteg, da wo die glänzende und nicht genutzte Edelstange steht !
danach zweimal im Bauwagen gewesen - man hört die Klagen der 1-Euro-Jobber, Zitate und Bemerkungen: 

"In den USA wurden die Sklaverei abgeschafft, jetzt ist sogar ein Schwarzer ihr Regierungschef. Hier in Deutschland fallen wir wieder in alte Zeiten zurück: die Sklaverei kommt zurück nach Deutschland!"

Was die Männer am meisten aufregt:
  • "Du bekommst überall gesagt, dass wenn du dich anstrengst, du evtl. auch übernommen werden kannst."
Jetzt ist z.b. der Vorarbeiter (gelernter Schweißer) seit 2004 arbeitslos. Er war schon an sehr vielen Stellen, z.B. auch in einer Gießerei im Außenhafen (Brend ?). Dort hieß es: wenn man sich engagiere, bekäme man evtl eine feste Stelle. Er war 9 Monate dort, er kennt über 200 Kollegen, die nie zu spät kamen und nie krank waren:
  • "Bis jetzt ist noch keiner übernommen worden !"
Egal, wo sie eingesetzt werden, sie sehen sich als billige Arbeitskraft missbraucht, die anderen Firmen bzw. Betrieben die Arbeit abnehmen, also in Konkurrenz zu ihnen stehen (z.B. Garten-, Reparatur- und Malerarbeiten !) Was ihnen aber am meisten aufstößt sind die modernen Arbeitsagenturen oder Leihfirmen, wo es zugeht wie auf einem modernen Sklavenmarkt:
  • da wird z.B. ein Stundenlohn abgemacht, z.B. von 8 Euro => die Leiharbeiterfirma bekäme aber das 5-8 fache, das wiederum die Stadt bezahlt !
Dann erzählt ein anderer, dass er mal vorstellig geworden ist in einer Leiharbeiterfirma. Die Sachbearbeiter waren nur durch "Spanische Wände" voneinander getrennt. Er bekam vom Nachbartisch mit, wie ein arbeitssuchender Schweißer für 15 Euro/Std. eingestellt wurde. Auf Anfrage bot man ihm auch eine Schweißerstelle wohl nur für 7.50 Euro/Std. an.

Er: "Hören Sie mal, verarschen kann ich mich selber ... gerade eben haben Sie doch noch mitbekommen, wie ein Kollege von mir für 15 Euro eingestellt wird, und mir wollen Sie eine Stelle für knapp 8 Euro geben ?" 
  • ... hin und her ... er bekommt ein Angebot für 10 Euro ...
... er: "Nee, jetzt erst recht nicht ... wenn Sie mir 18 Euro geben, bin ich dabei !"  Natürlich hat er die Stelle nicht bekommen, dafür eine weitere Ungerechtigkeit des Lebens !

Dann frage ich einen: "Warum habt Ihr die Baumstümpfe auf Brusthöhe abgesägt ?" -
  • Antwort: "Da kommen nächste Woche ein paar Männer und schneiden mit der Motorsäge den Rest ab !"
"Wieso schneidest du dann nicht direkt mit einer Motorsäge ?"
  • "Weil ich dafür einen Schein haben muss !"
... und dann wird aufgelistet, für was du in Deutschland einen Schein haben musst => für alles und jeden kleinsten Scheiß !

Ich muss anerkennend feststellen, sie haben in all den eiskalten Tagen richtig gut auf dem Seemannsfriedhof gearbeitet. Mit vier Leuten haben sie ein Gelände, um das sich die Stadt 14 Jahre nicht gekümmert hat, wieder "urbar" gemacht ! Der Vorarbeiter könnte noch mehr Leute bekommen, doch er arbeitet lieber mit weniger Männern zusammen, die anpacken, nicht rummaulen und auch nicht ständig krank feiern !

Insgesamt erweist sich die Lage der Männer fast als aussichtslos ... ein weiterer meint (ebenfalls Schweißer), er hätte damals im Jahre 2005 über 280 Bewerbungen geschrieben, alle ohne Erfolg ... was ihn sehr wurmt: von nur 15 Firmen hätte er eine Antwort erhalten, alle anderen blieben ohne Reaktion ... er bekäme zwar für jede Bewerbung 5 Euro, doch wenn er
  • sich eine gute Mappe kauft, 
  • ein oder zwei Lichtbilder machen lässt, 
  • Papier kopiert, 
  • Umschlag und Briefmarke kauft
dann läge er bei 7.50 Euro pro Bewerbung. Er bekommt aber auf dem Amt immer gesagt: "Geben Sie nicht auf, bewerben Sie sich weiter !" Irgendwann hat er es aufgegeben, weil die Firmen ohnehin sich die Bewerbungen nicht anschauen und nur in den allerwenigsten Fällen reagieren und die Unterlagen zurückschicken ! (deshalb kann man sich seit einiger Zeit auch auf elektronischem Weg bewerben !)

weitere Anmerkungen:
  • "Schau dir doch mal die Politiker, Wirtschaftsfachleute und Banker an ... wenn ich nach Mallorca fliegen will, muss ich jeden einzelnen verdammten Cent für den Flug bezahlen. Diese Herren aber bekommen noch Rabatt und Prozente, und wohlmöglich bezahlen sie am Ende gar nichts für diese ganzen Flüge und Fahrten - dafür kommt doch immer der Steuerzahler auf !" 
  • "Oder wie ist das mit den Diäten der Politiker ? Die legen die Summe fest, wie und wann sie wollen ! Das müsste ich mal können, meine eigenen Diäten bestimmen !
(... konnte mir die Bemerkung nicht verkneifen und meinte zu ihm: "Nee, das kannst du leider nicht, denn dich setzt man auf Diät !" ...)
      •  im Zuge eines bestimmten zeitbegrenzten Projektes, wurden händeringend Schweißer gesucht (für einen Saugbagger in Dubai für die Errichtung künstlicher Inseln eingesetzt) => es wurden alle eingestellt, die den Beruf "Schweißer" buchstabieren konnten !
      Hier sieht man sehr schön, wie tief der Frust sitzt: da werden Dinge auch schon mal deutlich über- oder untertrieben dargestellt ! Darüberhinaus ist mir auch klar, dass jeder von den vier Herren auch seine individuellen Fehler gemacht hat, so wie ich. Das fängt damit an, dass einige von ihnen während der Zahlung von Arbeitslosengeld zu lange untätig waren und hört damit auf, dass sie evtl. sich dem Alkohol und/oder anderen Drogen hingegeben haben ... von daher ist diese 1-Euro-Maßnahme hart und sicherlich auch manchmal entwürdigend, aber es rüttelt die Arbeitslosen wieder wach ... doch letztendlich sieht man den Gesichtern dieser Männer an, dass sie sich aufgegeben haben und keine Perspektive mehr sehen !

      Es ist sogesehen nur noch eine Art Funktionieren, man macht das, was notwendig ist und was einem befohlen wird ... in den Pausen wird geraucht, diskutiert und über die Schlechtigkeit und Planlosigkeit mancher Ämter geschimpft ! Einer meinte dann noch zum Schluss, als die Pause fertig war:  

      "Machen wir uns doch nichts vor: hier in Deutschland kannst du nichts mehr werden, alles überreguliert, und das ganze Geld gelangt doch in die Kanäle von denjenigen, die es geschafft haben und meinen, uns wie kleine, dumme, ahnungslose Kinder behandeln zu können ... wir streiten uns doch bei genauerer Betrachtung nur um die Brotkrümel, die vom Tisch fallen !"

      In der zweiten Pause haben wir uns dann noch über Emden und Umgebung unterhalten. Auch wenn es ihnen nicht gut geht, von ihrer Heimat wollten sie niemals wegziehen ! Selbstverständlich hat man mir noch einiges vom RLD in dieser Umgebung erzählt ... da soll es in der Innenstadt nur noch ein Freudenhaus geben, das in "jugoslawischer" Hand ist ... da solle ich mich vorsehen, die mögen keine Konkurrenz ;-)

      ***

      Ein Matrose steht am heutigen Morgen vor dem Haupteingang und schaut fragend um sich ... ich rufe ihm zu, er solle mal warten ... es dachte, dass das Etablissement geöffnet sei, er ist zum ersten mal mit seiner Crew in Emden ! Ich lasse ihn hinein, zeige ihm die Räumlichkeiten. Er könne sich auf Anfrage gut vorstellen, in Zukunft mit Kumpels, sobald ihr Schiff ankert, ein paar Stunden hier zu verweilen !
      • "But tell me, where are the woman ?"
      ... tja, darauf kann ich ihm leider keine Antwort geben ... ich erkläre ihm aber, dass zur Zeit kein Geschäftskonzept vorliegt ! Die Ausarbeitung eines solchen müsste sich daran orientieren:
      • die Leute haben einfach nicht mehr das Geld, um in einen Puff in Emden zu gehen
      • wenn, dann gehen die Männer in die Niederlande, dort stimmt das Angebot + der Preis
      • es gibt im Nachbarland Konzepte, die Privatleuten den Besuch ermöglichen: man bezahlt eine Mitgliedschaft für das ganze Jahr!
      ergo: wie also sieht ein mögliches Konzept hier aus, in dem
      • hin und wieder ein paar Matrosen Liebesdienste in Anspruch nehmen können, aber eher an GoGo-Dance und Discomusik denken, um für wenig Geld, sich die Zeit zu vertreiben ?! 
      • Privatleuten Exklusivität und Anonymität garantiert wird !
      • last but not least: wie sehen die Garantien und soliden Angebote für die Frauen aus ?
      Denn eins habe ich in all den vergangenen Monaten und Jahren auch mitbekommen - dadurch, dass die Grenzen in Europa gefallen sind, kann jede Frau im RLD arbeiten wo sie will: gefällt es ihr an einem Ort nicht, dann geht sie halt zum nächsten.
      • Man hört auch viel von Leuten, die einfach ihre Privatwohnung stundenweise vermieten., Das ist wohl im heutigen RLD die beste Möglichkeit, um mit wenig Ärger das Meiste rauszuschlagen.
          Gestern sagte ein Seemann zu mir: "Yesterday came four woman onto our ship !"  
          • "Really ... but from which place or house did they come from ? You know, the flat where I'm living in is dead !" 
          "Sorry, I don't know, but you should know it ... you are living here!" 

          Dann gehe ich mit dem heutigen Besuch zum Hauptausgang ... quel malheur: vorher kommt noch eine Sicherheitstür, die man nur von innen mit einem elektrischen Türöffner bewegen kann ... plötzlich fällt sie zu, und wir befinden uns in einem kleinen Raum von zwei schweren Metalltüren begrenzt ... die Schlüssel passen nicht ... da ist guter Rat teuer ... der Matrose nimmt es mit Gelassenheit, und fragt sich auch, welche Tür wir einschlagen sollen !

          Zuerst aber klopfen wir und rufen wie die Bekloppten bis zum Glück einer der 1-Euro-Jobber darauf aufmerksam wird ... mit viel Glück drücken wir gegen die Tür, so dass ein Spalt erzeugt wird ... ich stecke zwei Schlüssel durch, doch einer fällt in den Spalt, und der andere passt nicht in das Schloss der Nebentür ... dann sagt der Vorarbeiter von draußen: "Drück nicht so gegen die Tür" und plötzlich ist sie auf ! Was war ? Die Tür war von außen mit einer hart gewordenen Pappe verriegelt und ließ sich nicht mal um 1mm bewegen - das war richtig Glück im Unglück !

          Der Vorarbeiter in der zweiten Pause zum Arbeitskollegen: "Das war mal wieder klar: wie kannst du das Klopfen hören, wenn du doch am anderen Ende des Friedhofs arbeiten sollst ?" - "Ich habe gedacht, die würden im Haus hämmern, allerdings habe ich auch das Rufen gehört !"

          Okay, diese Männer haben uns gerettet - habe also als Dank zwei Six-Pack-Bier für den Dienstschluss gekauft: Radelberger und Krombacher ! Die wurden direkt in dem Bauwagen unter dem Sitzkasten versteckt ... der Vorarbeiter: "Ab jetzt muss ich die Bude hier abschließen, es könnten wertvolle Sachen geklaut werden ;-)

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