Freitag, 28. November 2008

Bundesrat bremst umstrittenes BKA-Gesetz

entnommen aus: welt.de

Zitat:

"Das BKA-Gesetz ist vom Bundesrat abgelehnt worden. Die Länderkammer entschied sich zudem gegen die Anrufung des Vermittlungsausschusses. Jetzt will die Bundesregierung das Gremium anrufen. Innenminister Schäuble hatte für die Verabschiedung des Gesetzes ein Ultimatum bis Weihnachten gesetzt." (Zitatende)

Von allen Leser-Kommentaren fand ich diesen am treffendsten.

28.11.2008, 12:03 Uhr

Demokrat sagt:
Gut dass das BKA-Gesetz nicht durchgekommen ist. Zur Terrorismusbekämpfung: Falls in Deutschland Anschläge geplant werden und die Täter so dämlich sind, die Daten dazu auf einem Rechner zu speichern, der online ist und leicht zu hacken ist, wird das BKA bestimmt versuchen, den Rechner ausfindig zu machen und zu durchsuchen – ob mit oder ohne Gesetz !
Das Gesetz ist aber mehr ein Freibrief jeden x beliebigen Rechner zu durchsuchen. Speziell Journalisten, Rechtsanwälte, Ärzte, ..... könnten wahrlos ausspioniert
werden."(Ende des Zitats)
... weiterhin wurden in vielen Berichten Vergleiche zu den terroristischen Anschägen Mumbai (Bombay) gezogen, in dem Sinne, dass man Terroranschläge durch Abhör- und Präventionsmaßnahmen a la Schäuble verhindern könnte. Das Gegenteil ist der Fall.

Bevor wir das Thema Abhören im Zusammenhang betrachten, muss ich mal für Schäuble ein gutes Wort einlegen.

Vor Urzeiten habe ich mit zwei anderen städtischen und freiberuflichen Betreuern Jugendgruppen begleitet. Der eine war ein sehr umsichtiger, ruhiger aber bestimmter Mensch gewesen, der andere war ein richtig harter Hund, dessen Methoden und Umgangston manchmal sehr rabiat zumuten. Im Laufe der Zeit habe ich aber erkannt, dass im Umgang mit den sehr schwierigen Jugendlichen, meine sehr friedliche Umgangsweise auf Dauer nicht gefruchtet hätte, wenn nicht der "harte Hund" seine kompromisslose Art hin und wieder durchgesetzt hätte. Er wollte mir noch einige Sachen im Umgang mit Jugendlichen zeigen, da er in mir einen guten Jugendbetreuer gesehen hat, allein die Entscheidung zum Studium hat dieses Projekt nie zustande kommen lassen.

Gelernt habe ich, dass für die Betreuung von schwierigen Jugendlichen es ein Zusammenspiel von "Aufsichtspersonen" geben muss, die verschiedene Ansätze beherrschen: der eine hat einen sehr friedlichen Ansatz (=Zuckerbrot), der andere bevorzugt die kompromisslose autoritäre Art (=Peitsche). Wir sprechen von männlichen "schwierigen" Jugendlichen, die nicht mit "Dr.House", Soaps und ähnlichen Weicheierthemen ins Bett gehen, sondern die keine Hemmungen haben, selbst im Ausland sich als "Halbstarke" zu präsentieren, und wo eine Faust nicht in der Tasche geballt ruht, sondern auch mal ausgefahren wird.

In dieser "Betreuungszeit" konnte man genau sehen: Zuckerbrot alleine führt zu Chaos, und die Peitsche alleine führt zu noch mehr Aggressivität. Nur das ausgewogene Zusammenspiel konnte die komplexen Verhältnisse und das schwierige Zusammenspiel lösen. Und dass die Verhältnisse in einer Gesellschaft komplex und schwierig sind, das bestreitetet keiner.

Wer also Schäuble verurteilt, der verkennt die wahre Funktion eines solchen Menschen: er ist auf politischer Ebene (hoffentlich nicht im privaten Kreise) ein harter Hund, hier müssen potentielle Kriminelle abgeschreckt werden. Allerdings gehen Willensbekundungen und Äußerungen wie von Terroristen gekaperte Flugzeuge abschießen und eine flächendeckende Abhörung durchsetzen zu wollen, viel zu weit: damit hat er & Co eindeutig Volkeswille und Verfassungsrecht ignoriert.

Politiker wie Schäuble und Schilly muss man im Tagesgeschäft willkommen heißen, sie aber auch bei Überschreitung ihrer politischen Fähigkeiten und Kompetenzen zur Raison bringen, und auch auf ihre Fehler in einem professionellen Ton aufmerksam machen.

Man kann hin und wieder eine Straßenkontrolle machen, wenn aber an jeder Ecke eine Straßenkontrolle erfolgt, dann kommt der Verkehr zum Erliegen => auf "actio" folgt "reactio". Wird der Bürger mit einem großen Lauschangriff konfrontriert, dann lachen sich potentielle Terroristen nur ins Fäustchen, denn es gibt selbst in einem elektronischen Zeitalter genügend andere Formen und Chiffriermethoden, um sich zu verständigen.

Verlierer ist in jedem Fall der Bürger, eingeengt in der Panikmache vor Terroristen und in der absolut realistischen Gefahr, seine Integrität und Intimität vollends zu verlieren. Und diejenigen, die meinen, mit solchen breit angelegten Abhörmethoden potentiellen Terroranschlägen entkommen zu können, die kann man ob ihres naiven Denkens nur bedauern.

Abhörmethoden gab es schon immer, aber die beschränken sich nicht nur auf elektronischer Art. Oder will man dem Bürger Glauben machen, dass nur so einige geplante Anschläge vereitelt werden konnten ? Nein, da sind noch ganz andere Mechanismen wie Hinweise von Bürgern, getarnte Zivilpolizisten, Informanten, Rasterfahndungen etc. im Spiel, die Abhörmethoden sind nur ein Teil davon. Wer sich mit dieser Form von Polizeiarbeit interessiert, sollte eine Polizeiausbildung machen.

Von daher ist es mehr als scheinheilig, mit dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung das BKA-Gesetz durchbringen zu wollen. Es ist ein ehrgeiziges Projekt, das darüber hinwegtäuschen will, dass zur wahren Terrorbekämpfung hunderte bis tausende von Polizeidienststellen unterbesetzt sind: polizeiliche Augen im Zivilleben zu haben, ist wesentlich effektiver, als durch Abhörmethoden die Grundrechte der Menschen mit Füßen zu treten.

Man kann sich auch täuschen: die Abhörmethoden könnten doch auch sehr effektiv sein, doch dann muss das BKA mit offenen Karten spielen und es beweisen. Doch sie wollen es nicht, denn dann müssten sie die wahren Ausmaße der Abhörung offenlegen, wie der Bürger in der Vergangenheit schon belauscht worden ist und auch wieviel teilweise illegale Vorratsspeicherung in Terrabyte-Größe lagern. Lassen wir also das BKA ruhig ihre Arbeit machen und darauf vertrauen, dass die Behörden mit und nicht gegen den Bürger arbeiten.

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, und heterogene Ausschüsse und Gremien müssen sich in regelmäßigen Abständen mit der Arbeit von BKA beschäftigen ... es soll ja nicht zu ihrem Schaden sein, sondern die Absicherung garantieren, dass sie nicht aus Übereifer oder aus falsch verstandenem Pflichtgefühl Grundgesetze verletzen.

Ein Terroranschlag ist immer den Verhältnissen geschuldet: die RAF (die meines Wissens nach keine Bomben in der Öffentlichkeit gelegt hat) entstand u.a. aus dem hilflosen Gefühl, dass damals in der großen Koalition der Bürger sich ausgegrenzt fühlte und die 68-Bewegung zunehmend mehr Hippie- als ernsthafte Bürgerinteressen vertrat. Man kann der RAF sicherlich keine Sympathie entgegenbringen, aber auch nicht den Politikern von damals, die mehr als nur einmal mit äußerster Brutalität gegen Demonstranten vorgegangen ist => für die Versagenspolitik von damals mussten mal wieder Polizisten ihren Kopf hinhalten: die 68-Jahre sind für mich eher eine Prügelzeit als eine sympathische aber wirkungslose Flower-Power-Bewegung.

Der Terrorismus wird nie Sieger oder Verlierer sein, denn er ernährt sich aus den zunehmend verheerenden Zuständen und Ungerechtigkeiten dieser Welt, er ist zum leidigen Leitsymptom einer gesellschaftlichen Krankheit geworden. Waren es früher Demonstrationen, Petitionen, aufklärende Stimmen und Bürgerbewegungen die Ordnung in unordentliche Verhältnisse bringen wollten, so versagen heute diese Kräfte aufgrund eines nicht in die Schranken gewiesenen Raubkapitalismus und "Nach mir die Sintflut"-Mentalität. An Stelle dieser Kräfte treten erneut terroristische Kräfte auf, die uns manche Politiker weismachen wollen, durch Abhörmethoden und Computerkonfiszierung in Schach halten zu können => peinlich, peinlich diese ständige Volksverdummung !!!

So wie die Menschen im Mittelalter erst viel zu spät erkannten, dass die Flöhe der Ratten Tod und Pest über die Gesellschaft brachte, genauso langsam wird das Phänomen Terrorismus verstanden. Es ensteht, weil man zu wenig Hygiene in Form von sozial-politischer Ordnung und Gerechtigkeit jedem einzelnen zukommen lässt. Wenn ein Terrorist hier in Deutschland eine Bombe hochgehen lässt, weil hier der größte Teil der Menschen hungern und frieren muss, dann ist das die falsche Annahme. Deutschland wäre nur der Austragungsort, um auf unzumutbare Zustände woanders aufmerksam zu machen. Ein Terrorist fragt nicht, ob diese Mittel den Zweck heiligen. Er ist ein Verlierer der Gesellschaft, den geschickte Menschen gut ausgebildet und einer Gehinrwäsche unterzogen haben.

Noch aber überlegen sich auch terroristische Netzwerke, ob sie Deutschland zu einer konsequenten Zielscheibe machen sollen. Würde sie es machen, sie würden sich einer sehr sehr sehr guten Basis berauben !!! Denn wo, als in Deutschland herrscht eine so gute Infrastruktur, wo kann man sich so frei bewegen wie hier und Gleichgesinnte um sich scharen und mit ihnen Pläne schmieden ? Der BKA ist das schon alles längst bekannt, und es kommen immer mehr Erkenntnisse zu Tage, weil man verstanden hat, dass man Informanten u.a. noch mehr schulen muss, um die jeweilige Landessprache zu verstehen.

Dies sind alles gedankliche Vermutungen, aber wer Ohren hat, der höre, und wer Augen hat, der schaue nur um sich und lese auch mal zwischen den Zeilen und setze Deutschland im Zusammhang mit dem Weltgeschehen. Wir brauchen einen Schäuble, ein BKA und einen gut funktionierenden Verfassungsschutz. Was wir aber nicht brauchen, sind Methoden und Waffen, die sich gegen den Bürger richten. Dies ist das kleine Einmalseins der Grundrechte und Freiheiten, das auch Landes- und Bundespolitiker immer wieder verinnerlichen sollten, bevor sie schlafen gehen und ihr Nachtgebet sprechen !

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