Dienstag, 8. April 2008

Medizinstudium

(gefunden in: medi-learn)

"Hi Dicker,

zur Kombi Rettungsdienst-Studium kann ich Dir nichts sagen. Ich bin Arzt, arbeite als Notarzt und würde Dir vom Medizinstudium an sich abraten oder zumindest raten, Dir das genau zu überlegen !

Folgende Gründe:

-das Studium ist mit 12 Semestern sehr lang, d.h. Du brauchst MINDESTENS 6 Jahre, bis Du fertig bist. Wähend des Studiums absolvierst Du OHNE Bezahlung: 2 Monate Krankenpflegepraktikum + 4 Monate Famulaturen während der Semester"ferien" sowie 12 Monate praktisches Jahr.

Ist also auch eine Sache der Finanzen (hier einen ganz lieben Dank meinen Eltern !!!), denn während der Praktika kann man kaum mehr nebenher arbeiten.

-wenn Du mit dem Studium durch bist, mußt Du noch jahrelang (Minimum 4 Jahre !) im Krankenhaus und/oder Arztpraxen "knechten", um die Facharztweiterbildung zu absolvieren. In dieser Zeit verdienst Du mit dem Grundgehalt nach BAT nicht viel mehr, als ein RA mit Schichtzulagen (in der Arztpraxis sogar eher weniger). Arbeitspensum in der Klinik pro Woche ca. 60-90 Stunden, falls das EU-Arbeitszeitgesetz (wie zu befürchten) auch weiterhin nicht umgesetzt wird.

-mit dem bestandenen Facharzt kannst Du entweder als Oberarzt weitermachen, falls Du eine der wenigen Stellen ergatterst, d.h. zur 40 h-Woche kommen noch Minimum 100 h im Monat schlecht bezahlte Bereitschaftsdienste. oder Dich niederlassen in eigener Praxis, was finanziell extrem kostspielig und zur Zeit nur noch in "unlukativen" ländlichen Gebieten möglich ist.

(Fotoquelle: marcsteinmetz.com)

Ich bin seit Ende 1986 mit dem Studium fertig, seit 1995 Facharzt für Innere Medizin. Die normale Zeit bis zum Facharzt Innere sind 6 Jahre, was aufgrund des riesigen Kataloges zu erfüllender Untersuchungen mit meist mehrfach nötigen Klinikwechseln gar nicht zu schaffen war.

Nach dem Studium war ich dank Ärzteschwemme erstmal ein Jahr arbeitslos, dann bis 1999 in verschiedenen Kliniken und einer Praxis tätig. Danach konnte ich weder die Nachtdienste, noch die vielen Arbeitsstunden mehr ertragen, habe dann die Akutmedizin verlassen und in einer Überdruckkammer gearbeitet (eher langweilig), danach dann in einem Plasmaspende-Center (nervtötend), bis ich seit 2002 wieder in die Notfallmedizin eingestiegen bin.

Seit August diesen Jahres arbeite ich freiberuflich als Notärztin und bin total happy ! Ist aber eher selten, so einen Job zu kriegen, da die meisten Notarztstandorte von Klinikärzten besetzt werden (ist billiger !), d.h. Du mußt dann den Klinikjob in Kauf nehmen, um Notarzt fahren zu können.

Naja, ich hab jedenfalls mal unter 16 jahrelang im Beruf tätigen Klinik-Kollegen eine Umfrage gemacht, wer nochmal Medizin studieren würde. Resultat: EINER hätte es nochmal gemacht mit der Begründung, daß er nicht wüsste, was er sonst machen solle. Alle anderen würden es nicht mehr studieren, nicht weil der Beruf an sich nicht schön ist, sondern wegen der erdenschlechten Arbeitsbedingungen.

Bevor Du die Entscheidung triffst, ein Medizinstudium zu beginnen, würde ich Dir dingend raten, Dich mal mit fertigen Ärzten zu unterhalten, wie die Ihren Job und die Arbeitsbedingungen finden. Ich hatte damals leider keine Gelegenheit dazu und wusste echt erst Ende des Studiums, auf was ich mich da eigentlich eingelassen habe...

Ich wünsche Dir viel Glück bei Deinen Entscheidungen und viel Spaß im Rettungsdienst !"

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