Samstag, 8. November 2008

Passen Sie auf!

von Daniel Wilhelmi

Tag 1 nach der Börsenreaktion auf die Verstaatlichung der großen US-Hypothekenversicherer Fannie Mae und Freddie Mac. Die Börsen in Europa legen heute noch mal zu. Das zeigt uns, wie ausgebombt DAX und Co. waren. Denn die Reaktion der US-Märkte hat mich ehrlich gesagt nicht beeindruckt: Insgesamt liest sich die Performance von Dow und Nasdaq fraglos gut: Der Dow stieg um +2,6% und der Nasdaq Composite um +0,6%.

Aber wenn man sich den Handelsverlauf anschaut, dann haben die Indizes gegenüber den ersten Kursen nach der Handelseröffnung zum Schluss sogar Gewinne abgegeben. Das muss genau beobachtet werden. Auch in Asien kam es an vielen Märkten schon wieder zu Gewinnmitnahmen und einige Indizes schlossen im Minus. Hier müssen wir genau aufpassen, was global passiert und uns nicht von den starken Kursen des DAX blenden lassen. Das könnten schon die ersten Sondereffekte der Abgeltungssteuer-Rallye sein.

Aber ich wollte ja auf die Struktur des amerikanischen Kapitalsystems eingehen. Wie ich Ihnen schon schrieb, basiert das System auf 2 Säulen: Dem Aktienmarkt und dem Immobilienmarkt. So lange ein Markt läuft, ist es okay, wenn der andere mal eine Baisse durchlebt. Dann haben die Amerikaner immer noch das Gefühl, mehr Geld in der Tasche zu haben.

Problematisch wird es, wenn beide Märkte nicht laufen. Denn das führt direkt zu einem Rückgang der Konsumausgaben. Und deshalb - und das ist der entscheidende Punkt, den die Deutschen einfach nicht verstehen - wird es die US-Regierung niemals zulassen, dass beide Märkte einbrechen.

Das geheime „Plunge Protection Team“

Der Immobilienmarkt liegt derzeit am Boden. Den Sektor kann man in Washington und New York nicht so schnell mehr gesund pflegen. Und deshalb darf der Aktienmarkt nicht völlig einbrechen. Nicht umsonst gibt es die Gerüchte um das „Plunge Protection Team", eine inoffizielle Kooperation von mächtigen Finanzadressen und der Politik, die immer dann einschreitet, wenn es um den Aktienmarkt besonders kritisch ist.

Niemand kann beweisen, dass es eine solch mächtige Vereinigung im Hintergrund der Wall Street wirklich gibt. Aber es ist schon auffallend, wie die Märkte in den USA an kritischen Marken oft nach oben drehen, wenn die Börsen auf der Kippe stehen. Oder just zu dem Zeitpunkt, wenn die Börsen in heller Aufregung sind, bedeutende politische Nachrichten veröffentlicht werden.

Oder erinnern Sie sich noch an den 11. September? Danach schlossen sich mächtige Adresse aus Hochfinanz und freier Wirtschaft zusammen und initiierten ein Programm namens „patriotischen Käufen". In Deutschland undenkbar. Sie kaufen damals US-Aktien, nachdem die Börsen nach den Terroranschlägen wieder aufmachten.

In Deutschland wurde diese Aktion als typischer überdrehter amerikanischer Patriotismus abgetan. Aber darum ging es nie. Es ging darum, den Aktienmarkt zu stützen, damit er als tragende Säule nicht wegbricht. Deshalb sind die Politiker und Finanzleute auch so wild darauf, den Immobilienmarkt wieder auf die Beine zu bringen. Weil sie wissen, dass sie ihn in Zukunft als Säule wieder brauchen werden.

Have a successful day,

(... dieser Bericht stammt vom 9.September, 2008 ... ich mag diese Profit-Radar-Berichte, auch wenn ich ein entschiedener Gegner der Börse in ihrer jetzigen Form bin. Aber diese Berichte zeigen mir, worauf man beim Schreiben achten muss: handelt es sich um einen zeitlosen Bericht, dann gibt es keine Probleme ... sind die Momentaufnahmen aber stark situationsabhängig, dann muss der Leser erkennen, unter welchen zeitlichen und örtlichen Umständen der Text geschrieben worden ist ... ein Text ist im nachhinein (also auch Jahrhunderte später) um so besser zu verstehen, je besser sein Kontext direkt oder indirekt erläutert wird ... auch die Wissenschaft muss sich immer wieder eines vor Augen führen: wir halten Ergebnisse und Erkenntnisse nicht für absolut (im Kontext einer gewissen Zeitspanne mögen sie die besten sein), sondern sind offen für Kritiken und alternative Vorschläge ... am Ende entscheidet ohnehin, wie gut man Simulation und Praxisarbeit miteinander verzahnen und kombinieren kann ...)

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