Montag, 10. März 2008

Ein Eisenbahner - Richard Dehmel (1863-1920)


Ich kann Eisenbahn-Zugführer werden;
nein, Lokomotivführer lieber!
Dann bin ich kleiner Menschenknirps
der größten Maschine über,
die tausend Pferdekraft stark ist.

Und tausend andre Menschen
regiert Ein Griff meiner Hand,
tagein tagaus, bei Nacht, bei Nebel,
im Sturm von Land zu Land;
Bahn frei! schreit meine Maschine.

Bahn frei - was schreit da wider?
im Dunkeln welch Gestampf?
Woher, wohin? Vorwärts, zurück?
Halt! bremsen! Gegendampf!
jetzt gilt's, Mensch: Einer für Alle!

Und fliegt der Kopf vom Kragen,
so stirbt sich's ohne Grämen;
dann braucht man sich doch wenigstens
des Lebens nicht zu schämen!
So denkt ein kleiner Held.

* der Autor Richard Dehmel geb. am 18. November 1863 in Wendisch-Hermsdorf/ Brandenburg, Sohn eines Försters, Studium der Natur- u. Staatswissenschaften sowie Philosophie, im Alter von 24 Jahren promoviert er in Leipzig, nach dem Studium 8-jährige Tätigkeit in einer Versicherungsanstalt in Berlin, Kontakt zum Kreis der Berliner Naturalisten um die Gebrüder Hart, zu ihm gehören u.a. Arno Holz, Michael Georg Conrad und Otto Erich Hartleben, 1899 heiratet er Paula Oppenheimer, die er schon seit 1886 kennt u. mit der er drei Kinder hat, seine ersten Gedichtbände machen
ihn wegen "Verletzung der religiösen und sittlichen Gefühle" deutschlandweit bekannt, 1902 lässt er sich in Hamburg nieder, 1912 gründet er die Kleiststiftung, bei Kriegsausbruch 1914 meldet er sich freiwillig, am 8. Februar 1920 stirbt er an den Folgen einer Venenentzündung.

=> tuut, tuut, Bahn frei, jetzt komm ich ;-)

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