Dienstag, 7. Oktober 2008

Dein Freund und Helfer

Hier nur einige von unzähligen Videos von polizeilicher Brutalität weltweit:



Wann ist bei mir das Bild gekippt, das man uns in der Grundschule zu vermitteln versuchte: "Polizei, dein Freund und Helfer" ? Ich weiß es nicht, es muss schon ziemlich lange her sein. Das erste mal vielleicht, als mir CDT berichtete, dass in gewissen Ländern die Polizei in den Gefängnissen Diebe halb tot prügelt. Von daher muss man schon einen Unterschied machen, in welchem politischen und gesellschaftlichen Rahmen die Polizei agiert.

Ich glaube, dass die Abneigung und der Hass auf die Polizei in den sozial benachteiligten Schichten sehr hoch ist: Gewalt von und gegen Polizei ist oft das Ventil für Misstände in einer Gesellschaft. Darüber hinaus ist die Polizei in vielen Ländern der verlängerte Arm von korrupten Behörden und somit auch Mittäter und zugleich Beschützer einer feudalen Gesellschaft. Besonders schlimm anzusehen ist, wenn das Versagen von Politik und Wirtschaft Brandkonflikte erzeugt, Massen aufbegehren und die Polizei als Puffer dienen muss. Dies ist einer der schlimmsten und auch bewussten Machenschaften von Politik und Wirtschaft, die die Bevölkerung und die Polizei gegeneinander aufwiegeln und aufhetzen. Die da oben in den Chefetagen schauen genüßlich zu, wie sich das Pack schlägt, das war schon immer der Gang der Dinge !

Sicherlich schaut sich ein Polizeibeamter diese Videos mit gemischten Gefühlen an: auf der einen Seite, weiß er zu gut, dass den ganzen Prügelszenen andere provozierende Aktionen vorausgegangen sind: ein Wort hat das andere gegeben usw. Auf der anderen Seite, weiß er auch, dass viele seiner Kollegen durch Schlagen und Prügeln weit ihr Befugnisse überschreiten. Doch man hält dicht und schwärzt seine eigenen Kollegen selten an: wer will schon ein Nestbeschmutzer sein oder sich als Moralapostel aufspielen ?

Die manchmal sehr ruppige Art von Polizisten ist dem geschuldet, dass viele Beamten dieses als Selbstschutz betrachten: zuviele Kollegen wurden in der Vergangenheit tätlich und verbal angegangen, warum sich also nicht prophylaktisch schützen ? Welcher Mensch lässt sich das gefallen, dass wenn er sich im Dienste der Menschheit und der Bevölkerung stellt, auch noch beschimpft und traktiert wird ? Noch kommen deutsche Polizisten deutlich besser im Ansehen in der Bevölkerung weg als ihre Kollegen in den USA, die sich dem Niveau der Straße angepasst haben, anstatt ihm entgegenzuwirken.

Allerdings darf ein Polizist auch nie vergessen: schlägt er einen Bürger, hat er mindestens ein dutzend Leute gegen sich: die Familie, die Freunde und die Kumpels des Geschlagenen. Selbst wenn diese niemals körperlich einen Polizeibeamten angreifen würden, in ihren Gedanken ist die Polizei nicht mehr Freund und Helfer, sondern Feind Nr.1.

Lasse ich mal die Pseudopolizei in korrupten Staaten (!) außer acht, sie sind nichts als die Privatarmee von feudalen Herrschaftsschichten, so besteht das Dilemma bei der hiesigen Polizei darin, dass sie öfters als ihr lieb ist, mit Aggressionen und Gewalt seitens der Gesellschaft zu tun hat. Sie ist aber auch ein Teil der Gesellschaft, wie also kann sie ein Bild erzeugen, das für die Gesellschaft und nicht gegen sie ist ? Wie kann sie Gewalt eindämmen, ohne Gewalt anzuwenden => wie ist das überhaupt möglich ?

Wie kann ein Polizist bzw. eine Polizistin diesen schmalen Grat gehen, zu schlichten, für Ordnung zu sorgen, den Dienstauftrag durchführen und nicht selber in die Schusslinie von manchmal sehr aufgeregten und uneinsichtigen Menschen zu geraten ? Schulungen, Fortbildungen und mentales Training hinsichtlich der Konfliktbewältigung werden immer wichtiger, in einer Zeit, wo auch die Polizeibeamten mit administrativer Arbeit überlastet werden und das persönliche Gespräch mit dem Bürger viel zu kurz kommt.

Eines hat die Polizei sicherlich mit dem Fußball-Schiedsrichterwesen gemeinsam: sie sind oft genug die Buhmänner der Nation, insofern haben sie manchmal nur sich selber als Lobby ! Einen "kleinen" Unterschied gibt es aber dann doch noch: der Schiri hat eine Pfeife, zwei Karten in der Tasche und ein Schiedsgericht im Rücken, der Polizist hat eine Justiz als Rückendeckung, eine Dienstwaffe und einen evtl. einen Schlagstock bei sich. Letztere Dienstutensilien machen den Job nicht einfacher aber noch verantwortungsvoller !

Von daher ist es immens wichtig, dass immer mehr Frauen im Polizeiberuf arbeiten, denn wir haben genug Gewalt auf unserer Welt zu bewältigen => Deskalation, Stressbewältigung und Besänftigen der Gemüter ist das Ziel, wenn man die Straßen unter Kontrolle haben will: bei gleichzeitigem Stellenabbau im Polizeiwesen ist das leichter gesagt als getan !

Wie lange also noch wollen die Landes- und Bundesregierungen die Polizei im Regen stehen lassen ? Denn eine Entwicklung ist sehr gefährlich. So wie die Vernachlässigung der Ärzte und des Pflegepersonals dazu führt, dass diese heillos überlastet sind und Patienten nicht mehr ernst nehmen, genauso so ein passives Miteinander bis hin zu einem agressiven Gegeneinander kann zwischen Bevölkerung und Polizei entstehen.

Und eine negative Eigendynamik ist immer schwer zu stoppen und rückgängig zu machen, die prügelnden Cops in den USA sind das beste Beispiel dafür. Und selbst dort macht nur der kleinere Teil von seelisch und psychisch überbelasteten und überforderten Polizisten den ganzen Ruf ihrer friedlichen Kollegen kaputt !

Ein Polizist mit ganz normalen Dienstgrad muss sich als schlecht bezahlter Vollprofi ansehen: Beamter, Psychologe, Sportler und Diplomat in einer Person, keine leichte Aufgabe !!!

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