Donnerstag, 20. September 2007

Pakistan – Zwischen Fundamentalismus und Wirtschaftsaufschwung

von Daniel Wilhelmi

Wie Sie vielleicht mitbekommen haben, toben derzeit in Pakistan schwere Unruhen. Dabei geht es um Kämpfe zwischen militanten Koranschülern und der Polizei um die Rote Moschee in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad. Angeblich bis zu 2.000 aufgeheizte Islamnisten halten sich dort verschanzt und liefern sich Gefechte mit der pakistanischen Polizei.

Warum ist das für Sie wichtig? Nun, die radikalen Anführer wollen aus Pakistan einen islamischen Staat ähnlich dem alten, von den Taliban regierten Afghanistan machen. Das zeigt Ihnen, wie verzwickt die Lage in Pakistan ist. Dabei handelt es sich bei Pakistan um ein N-11-Land und in Emerging Markets-Kreisen gilt das Land als einer der Geheimtipps. Auch von mir. Tatsächlich ist Pakistan ein Land, bei dem Emerging Markets-Pioniere das Wasser im Mund zusammenläuft. Denn Pakistan ist unter den großen Emerging Markets (gemessen an der Einwohnerzahl) einer der wenigen weißen Flecke auf der Investment-Landkarte außerhalb des afrikanischen Kontinents.

Der indische Nachbar fristet in der Wahrnehmung der Anleger noch ein völliges Schattendasein. Nehmen wir beispielhaft die Börsenlistings an der Börse Berlin-Bremen, dem Spezialisten für exotische Aktien in Deutschland. An der Berliner Börse sind gerade mal 2 pakistanische Aktien gelistet. Zum Vergleich: Aus dem direkten Nachbarland Indien sind 28 Werte gelistet. Bei Indonesien (seines Zeichens ebenfalls ein N-11-Land wie Pakistan) sind es sogar 89 Aktien.

Hohes Wirtschaftswachstum und eine riesige Bevölkerung

Der Grund für das Schattendasein Pakistans ist in der Wirtschaftshistorie und den politischen Unsicherheiten zu finden. Darauf gehe ich nächstes Mal ein. Hier möchte ich Ihnen vielmehr aufzeigen, warum Pakistan als ein Geheimtipp gehandelt wird.

1. Das Land hat zwar große politische Probleme mit radikalen islamischen Bewegungen innerhalb der Bevölkerung. Aber volkswirtschaftlich besitzt Pakistan einige der besten marktwirtschaftlichen Gesetzgebungen überhaupt. So startete man ab 2003 eines der progressivsten Privatisierungsprogramme in Asien, bei dem sich ausländische Investoren sogar bis zu 100% an pakistanischen Unternehmen beteiligen können. Das sind Raten, von denen Investoren in China oder Vietnam nur träumen. Solche progressiven Initiativen erhöhten das Vertrauen ausländischer Investoren und sorgten für eine Steigerung der ausländischen Direktinvestitionen.

2. Als Folge der Liberalisierung der Wirtschaft kann das Land von einem niedrigen Niveau aus (was ja bei einem Geheimtipp normal ist) ein dynamisches Wirtschaftswachstum aufweisen, dass dem bekannteren Nachbarn Indien in nichts nachsteht. In 2005 lag das Wirtschaftswachstum bei starken +8,4% und in 2006 bei 6,6%. Für die nächsten Jahre wird mit einem konstant hohen Wachstum um 7,0% gerechnet.

3. Im Gegensatz zu Indien ist die Börsenbewertung in Pakistan jedoch sehr günstig. Mit einem KGV von ca. 11 ist der pakistanische Markt deutlich günstiger als die Börse des indischen Nachbarn (KGV von ca. 20). Damit ist Pakistan trotz seines extrem hohen Wachstums eine der günstigsten Börsen in Asien.

4. Das große Ass im pakistanischen Ärmel ist aber natürlich die Bevölkerung - und das sich daraus langfristig entwickelnde Binnenmarkt-Potenzial. Wenn Sie mein neues Buch „Unentdeckte Chancen“ gelesen haben, dann wissen Sie, dass ich begeistert von dem Potenzial des vietnamesischen Binnenmarktes bin. Denn mit 84 Mio. Vietnamesen ist der Tigerstaat so groß wie Deutschland. Nun: Pakistan hat 164 Mio. Einwohner (!) und ist damit mal eben so groß wie Vietnam und Deutschland ZUSAMMEN! Und nicht nur das: Die Bevölkerung ist unglaublich jung. Das Durchschnittsalter in Pakistan liegt bei 21! Zum Vergleich: Das Durchschnittsalter in Deutschland liegt bei 43. Gepaart mit einem ultra-niedrigen BIP-pro-Kopf von 750 US$ eröffnet sich hier für Emerging-Markets-Pioniere eine gewaltige Chance. Aber eben nur für Pioniere. Aufgrund der politischen und gesellschaftlichen Risiken ist Pakistan aber nicht konservative Investoren geeignet. Mehr dann nächste Woche.

Für meinen Börsendienst, den Emerging Markets Radar, sind wir übrigens aktuell einem lupenreinen Pakistan-Wert investiert (für weitere Infos klicken Sie hier)

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